ICT CHANNEL: Wie erklären Sie sich diese einseitige Vorgehensweise?
Moll: Laptops zu beschaffen und zu verteilen, ist eine schnelle und öffentlich sichtbare Maßnahme, repräsentativ und populär. Eine Infrastruktur aufzusetzen, dauert und das Ergebnis bleibt weitgehend unsichtbar. Sei es nun die neue Verkabelung oder der neue Access-Point. Und diese Wahrnehmung oder vielmehr Nicht-Wahrnehmung bestimmt dann eben den Diskurs und begünstigt Maßnahmen, die auf die Schnelle vielleicht hilfreich sein mögen, aber keine langfristigen Lösungen bieten.
ICT CHANNEL: Was schlagen Sie vor? Wie sollten die nächsten Schritte aussehen?
Moll: In den vergangenen Monaten haben wir den Anschluss an wichtige Innovationen verpasst. Das ist bitter, aber kein Beinbruch. Wir sollten die zurückliegende Phase abhaken und in die Zukunft denken. Wir müssen uns überlegen, mit welchen Konzepten wir künftig lehren und arbeiten möchten. Wir müssen uns mit den Themen Augmented Learning und Virtual Learning auseinandersetzen. Und natürlich müssen wir uns dann Gedanken über die Bandbreite machen. Ich denke hier an neue WLAN-Standards wie WIFI 6. Diese Technologie ist prädestiniert für Schulen. Dadurch könnte nicht nur Verkabelung und Anzahl der Datendosen zurückgenommen werden, ich hätte auch ein performantes, sicheres und stabiles Netz, das sehr viele User mit sehr hohen Bandbreiten versorgen kann. In Unternehmen haben wir solche Projekte bereits umgesetzt. An Schulen hingegen sind vergleichbare Standards selten anzutreffen. Wir dürfen aber nicht weitere drei Jahre vergeuden, bis wir uns mit neuen, zukunftsfähigen Technologien auseinandersetzen. Wir müssen sie jetzt in den Konzeptionen berücksichtigen und wir müssen sie jetzt umsetzen. Denn mit einer intelligenten Infrastruktur könnten viele Fallstricke schon im Vorfeld deeskaliert werden.
ICT CHANNEL: Woran scheitert denn die Umsetzung von Technologien wie WIFI 6?
Moll: Im Schulumfeld sind immer mehrere Instanzen in den Entscheidungsprozess involviert – Schulen, Schulträger und Bauämter. Entsprechend kompliziert ist die Gemengelage und entsprechend lang sind die Entscheidungswege. Ein Stolperstein ist aber auch die Ausschreibung. Dort werden neue Technologien wie WIFI 6 nur selten explizit berücksichtigt. Werden die technischen Anforderungen aber nicht zu 100 Prozent spezifiziert, macht meist die leistungsschwächere, aber dafür günstigere Lösung das Rennen. Bei Unternehmen läuft es oft einfacher. Dort haben wir eine Handvoll Ansprechpartner, denen wir die Vorteile einer langfristigen und nachhaltigen Investition in Ruhe erklären können. Und diese Ansprechpartner haben dann auch die entsprechende Entscheidungskompetenz. Letzten Endes müssen Unternehmen auch mit dieser Infrastruktur arbeiten, die Ämter hingegen, haben später nichts mehr damit zu tun. Womöglich spielt auch das eine Rolle.