Noch ist die Zahl der Projekte mit 5G-Campusnetzen relativ überschaubar – doch was zunimmt, ist die Dynamik dahinter: So ist die anfängliche Skepsis gegenüber dem Thema 5G verflogen. Einblicke in die aktuelle Gemengelage und Projekte in Industrie und Forschung.
Das Thema 5G-Campusnetze nimmt allmählich Fahrt auf – wenn auch primär in Form von Proof-of-Concept-Projekten. Eine neue Technologie – das scheint auch hier zuzutreffen – braucht immer etwas Zeit, um deren Möglichkeiten auszuloten und um sich zu etablieren. Das bestätigt auch Jan Busch, Director B2B Technology Solutions bei o2 Telefónica, im connect professional-Gespräch: „Aktuell wissen viele Unternehmen noch nicht, welche Lösung sie genau brauchen und was das Beste für sie ist.“ Doch das Interesse sei sehr groß, attestiert Busch. Die Unternehmen beginnen zu planen, wie sich drahtlose Connectivity im Enterprise-Umfeld einsetzen lässt.
Diese Entwicklung beobachtet auch Mallik Rao, Chief Technology & Information Officer (CTIO) bei o2 Telefónica. Gegenüber connect professional zieht er Bilanz: Vor etwa zwölf Monaten startete bei o2 Telefónica in puncto Umsetzung von 5G-Campusnetzen ein zentrales Projekt mit Mercedes-Benz Cars; inzwischen könne man bereits ein Vielfaches an Live-Bereitstellungen vorweisen – darunter die TU München, Prinzhorn Group und Helios Kliniken.
Auch die Skepsis der Unternehmen gegenüber 5G an sich scheint sich gelegt zu haben. Rao erinnert sich an die Zeit vor etwa anderthalb Jahren: „Damals sprach fast jeder noch über WiFi. Es herrschte die Meinung vor: ,Ich habe WiFi 6, warum brauche ich privates 5G?‘. Wenn ich heute zu Kunden gehe, verlangt niemand mehr nach einer Begründung für Private 5G oder 5G Standalone. Niemand zweifelt die Vorteile von 5G an oder fragt nach Anwendungsfällen, die man dafür benötigt. Das heißt: 5G ist in der Wirtschaft angekommen.“
Ein Blick auf die Zahlen lässt jedoch erahnen, dass sich diese Entwicklung noch auf niedrigem Niveau vollzieht. o2 Telefónica habe laut Busch Campusnetze im niedrigen bis mittleren zweistelligen Bereich am Start, bei einem großen Teil davon handele es sich um Research & Development-Projekte. Laut Angaben der Bundesnetzagentur gab es im März 2023 304 Zuteilungsnehmer; die Behörde stellt seit November 2019 für Campusnetze Mobilfunkfrequenzen im Bereich von 3.700 bis 3.800 MHz bereit.
In diesem Frequenzbereich sieht Rao allerdings einen Knackpunkt: „Das Private-5G-Thema inklusive des privaten Spektrums muss ganzheitlicher betrachtet werden“, ist der o2 Telefónica-CTIO überzeugt. „Der Ansatz des dedizierten Spektrums auf dem Campus wird manchmal nicht funktionieren, weil es Anwendungsfälle gibt, die aus dem geschlossenen Campus auch nach draußen verlagert werden müssen. Selbst wenn es nur zehn oder 50 Meter außerhalb sind – hier muss das Makronetz mit einbezogen werden.“ In Deutschland habe man sich dazu entschlossen, 100 MHz als dedizierte lokale Industriefrequenzen zur Verfügung zu stellen. Dieses Spektrum und dessen Möglichkeiten für die digitale Vernetzung blieben vielerorts noch ungenutzt. „Ein Vorteil von 5G ist die Mobilität. Und diese wird bei lokal begrenzten Netzen manchmal eingeschränkt.“ Der Hintergrund: Die Bundesnetzagentur stellt im Frequenzbereich von 3.700 bis 3.800 MHz insgesamt 100 MHz Bandbreite zur exklusiven Nutzung zur Verfügung, die mit einer Schrittweite von jeweils 10 MHz Blockgröße für eine maximale Laufzeit von zehn Jahren seitens der Unternehmen beantragt werden können.
Campusnetze |
---|
Campusnetze sind lokale, nicht-öffentliche Mobilfunknetze, für die eine Frequenzzuteilung der Bundesnetzagentur im Frequenzbereich 3.700 bis 3.800 MHz (VV Lokales Breitband) besteht. Zuteilungsnehmer sind vor allem KMU, aber auch einige Forschungseinrichtungen. Seit einigen Monaten kann man auch Lizenzen im Frequenzbereich von 24.250 bis 27.500 MHz beantragen. Hier sind jedoch erst wenige Zuteilungen öffentlich bekannt. |