Diese Entwicklung spiegeln auch die Verkaufszahlen der deutschen Distributoren wider, die das Marktforschungsinstitut Context ermittelt. Sie verkauften im zweiten Quartal 2020 26,2 Prozent mehr PCs als im Vorjahreszeitraum. Klarer Wachstumstreiber waren Notebooks für Homeoffice und Homeschooling mit einem Plus von 51,6 Prozent.
Context-Analystin Marie-Christine Pygott führt den Boom im zweiten Quartal auch auf die massiven Lieferschwierigkeiten im ersten Quartal 2020 zurück. Wegen der nicht ausgelieferten Bestellungen und der anhaltend hohen Nachfrage waren die Lagerbestände an Notebooks in der Distribution Anfang des zweiten Quartals extrem niedrig. »Im Laufe des Quartals erholte sich der Bestand jedoch, Produkte wurden geliefert und die Distribution konnte den Backlog an Bestellungen erfüllen«, so die Analystin.
Im zweiten Quartal kam jedoch neue Nachfrage dazu. Denn viele Unternehmen, wollten jetzt ihre Mitarbeiter mit adäquaten Notebooks versorgen, nachdem diese zunächst nur notdürftig mit den verfügbaren Geräten ausgestattet worden waren. Außerdem stieg die Nachfrage in Bereichen wie Education, weil auch Schüler und Studenten zu Hause unterrichtete werden mussten. Und auch die Consumer-Nachfrage blieb hoch, weil Privatnutzer in neue oder zusätzliche Systeme für die ganze Familie investierten. Und letztendlich stieg auch die Nachfrage nach Gaming-Notebooks während des Lockdowns stark an, weil zahlreiche Freizeitmöglichkeiten wegfielen.
So wuchsen laut Context im zweiten Quartal sowohl die Verkaufszahlen von Business-Notebook um 71 Prozent als auch von Consumer-Notebooks um 33,4 Prozent. Im Gegensatz zu den Notebooks konnten Desktop-PCs nicht vom Nachfrageboom profitieren. »Die Krise hat klar den Trend zu mobilen Lösungen, der sich schon vor der Krise abzeichnete, beschleunigt«, so Pygott. Sie beziffert den Verkaufsrückgang bei Desktop-PCs im zweiten Quartal mit minus 22,5 Prozent. Und die Nachfrage schwächelte sowohl im Business- (-28,2 Prozent), als auch im Consumerbereich (-11,8 Prozent). »Die Folge davon sind hohe Lagerbestände, die eventuell erst innerhalb mehrerer Monate abgebaut werden können. Dazu werden starke Preisnachlässe nötig sein, so dass wir wahrscheinlich sinkende Durchschnittspreise im Desktop-Segment zu erwarten haben«, prognostiziert die Analystin.
Diese Trends setzten sich auch über die Jahresmitte fort, wie die Analysen von Context zeigen. Danach haben die PC-Verkäufe der größten westeuropäischen Distributoren die Dynamik, die sie zu Beginn des Jahres gewonnen hatten, fast beibehalten. In den ersten beiden Monaten des dritten Quartals steigerten die Distributoren die PC-Verkäufe im Jahresvergleich um 39 Prozent. Der Notebook-Absatz stieg immerhin noch um 41 Prozent. Auch weil sich der Handel mit Geräten für die Back-to-School-Saison bevorratete. »Nachdem die Infektionsraten bei Covid wieder ansteigen und in vielen Ländern neue Sperrmaßnahmen drohen, wird erwartet, dass die Verbraucher im dritten Quartal in neue IT investieren werden, um sicherzustellen, dass es pro Familie genügend Geräte für E-Learning und Spiele gibt«, so Pygott. Und sogar der Absatz von Consumer-Desktops kehrte sich Anfang des dritten Quartals um. Die Verkaufszahlen stiegen um 25 Prozent – wenn auch von einer deutlich kleineren Basis als bei Notebooks. Besonders stark war laut Context das Wachstum bei Mini-PCs und All-in-One-Desktops, die um 67 Prozent beziehungsweise 32 Prozent zulegten.
Lediglich bei kommerziellen PCs schwächte sich das Wachstum zu Beginn des dritten Quartals ab. Pygott führt das auf die schwächere Nachfrage nach Notebooks und die anhaltende Schwäche bei Desktops zurück.