Viele Hersteller registrierten jedoch Marktverschiebungen und ein verändertes Beschaffungsverhalten. »Im ersten Halbjahr war alles, was reines Ersatzgeschäft ist, negativ«, berichtet Stehle. Die Kunden hätten Ersatzbeschaffungen genau geprüft und teilweise deutlich geschoben. »Das reine Replacement ging im ersten Halbjahr 20 Prozent nach unten und hat im letzten Quartal deutlich stagniert.« Der absolute Gewinner sei dagegen alles rund um die Cloud mit einem Wachstum von 30 bis 40 Prozent und mehr. »Unternehmenskunden, die Cloud Services anbieten, haben kräftig investiert. In der DACH-Region waren das vor allem viele lokale Service Provider«.
Zur Jahresmitte hat sich der Servermarkt nicht nur gut erholt, auch die zunächst zögerlichen Kunden investieren wieder und zurückgestellte Projekte werden wieder aufgenommen, wie Stehle bestätigt: »Wir haben seit dem Beginn des dritten Quartals verstärkt Anfragen für Replacement bekommen. Hier geht es jetzt langsam wieder los. Das Geschäft zieht wieder an.« Laut Stehle handelt es sich dabei um klassische SMB- und Midmarket-Projekte. Er sei erstaunt, wie stark das Geschäft anziehe. »Wir liegen jetzt zur Mitte des dritten Quartals schon über Vorjahresquartal. Und ich bin sehr optimistisch, dass das anhält.«
Auch Dells Server-Chef Peter Dümig bestätigt eine Verschiebung der Nachfrage in der ersten Jahreshälfte: »Es gab tatsächlich keinen Einbruch im Geschäft mit den Internet-Anbietern, die Hyperscaler haben investiert und Kapazitäten aufgebaut. Aber wir haben natürlich gesehen, dass das eine oder andere Projekt verschoben wurde.« Viele Unternehmenskunden hätten die Investitionen zurückgestellt, so Dümig. »In vielen Firmen ging auch nicht viel mehr als das Geschäft aufrechthalten. Die Mitarbeiter waren im Homeoffice und versuchten den Laden am Laufen zu halten. Auch die Partner konnten nicht zum Kunden. Das war teilweise schon ein Drama, überhaupt einen Servicetechniker rauszubekommen.«
Er gehe aber davon aus, dass in nächster Zeit auch bei der Infrastruktur wieder mehr passiert. »Die Projekte sind nicht gestorben, nur verschoben«, so Dümig. Im dritten Quartal habe sich auch bei Dell das Geschäft stabilisiert: »Inzwischen läuft auch das Geschäft mit dem Mittelstand und Großkunden wieder an. Über die Sommerferien hat das Geschäft bereits wieder angezogen. Wir sehen wachsende Nachfrage, das scheint sich zu stabilisieren.«
In der zweiten Jahreshälfte erwartet er daher zwar deutlich bessere Umsätze, aber noch nicht den großen Aufschwung. Der werde wohl erst im ersten Halbjahr 2021 kommen. Zumal es sich meist um langfristige Projekte handle. Einige Kunden würden dann vielleicht auch gleich die neuen Intel- und AMD-Server-Plattformen abwarten.