Neben Netzwerkproblemen gilt es auch, menschliche Herausforderungen zu bewältigen. Ohne Work Life Balance wird es unter Umständen schwierig, das Konzept „Work from Home / Work from anywhere“ langfristig umzusetzen. Eingehende Gespräche stören das Privatleben viel mehr als eingehende E-Mails. So würde die Akzeptanz einer neuen Telefonanlage aus der Cloud stark sinken, wenn beispielsweise internationale Kunden außerhalb der Arbeitszeit um fünf Uhr anrufen. Ein Ruhe-Knopf hilft hier nur bedingt, wenn die Funktion vom Tag zuvor noch deaktiviert ist. Beim PC ist es dagegen üblich, den Rechner ein- und auszuschalten – damit ist das Problem behoben. Auch die Verwendung des Webbrowsers ist für den Einsatz im Homeoffice unproblematischer.
Bei den Apps für das Handy ist es allerdings nicht so einfach. Zwar bieten die meisten Handys einen Ruhemodus an, wodurch jedoch nach Feierabend auch keine Privatanrufe mehr ankommen. In den meisten Fällen ist es daher sinnvoll, die Verfügbarkeitszeiten in der Telefonanlage vorab einzustellen, zu denen die Apps angerufen werden dürfen. Das funktioniert dann auch gut für VoIP-Telefone, die zu Hause betrieben werden.
Eine Frage, welcher in der ersten Welle viel zu wenig Beachtung geschenkt wurde, ist die nach dem Datenschutz und dem Land, in dem die Daten gespeichert werden. Bei Telefonanlagen geht es dabei vor allem um die Verbindungsdaten, das Adressbuch, Sprach- und Textnachrichten sowie aufgezeichnete Gespräche. Auch wenn dieses Thema noch keine Top-Priorität zu besitzen scheint, wird es in naher Zukunft ganz oben auf der Agenda stehen. Aus Sicht von Unternehmen besteht eine mögliche Lösung darin, die Telefonanlage nur auf Geräten zu betreiben, die ihnen gehören. Aber auch wenn sich Beschäftigte über private Geräte mit der Telefonanlage verbinden, könnte das Risiko reduziert werden, wichtige Daten bei einem eventuellen Ausscheiden von Beschäftigten zu verlieren. Das ist vor allem dann bedeutsam, wenn Ex-Mitarbeiter zur Konkurrenz wechseln. Am besten wäre es wohl, wenn Apps keine Daten, wie zum Beispiel das Adressbuch, lokal auf dem Gerät speichert. Bei iOS ist jedoch nicht zu vermeiden, dass die Gesprächshistorie auch nach dem Ausscheiden eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin auf dem Gerät verbleibt. Um die Rekonstruktion historischer Daten zu erschweren und die Sicherheit zu erhöhen, könnten hierbei Webbrowser auf private Geräte zum Einsatz kommen.
So schlimm die Pandemie für die Menschen in der Welt war und nach wie vor ist: Für die elektronische Kommunikation bedeutet sie einen Innovationsschub, von dem wir alle noch lange profitieren werden. Vor allem diejenigen, die weiterhin von zu Hause aus arbeiten wollen, werden jedoch eine Arbeitsumgebung einfordern, die der im Büro in nichts nachsteht. Investitionen in die VoIP-Telefonanlage, die man von überall aus über Tischtelefon, PC und Handy nutzen kann, könnten sich somit über die nächsten Monate und Jahre für Unternehmen auszahlen.
Christian Stredicke leitet als CEO den IP-Telefonanlagenhersteller Vodia Networks.