Der Arbeitsplatz befindet sich im Wandel und gestaltet sich für jeden anders. Cloudbasierte Anwendungen locken mit verheißungsvollen Skaleneffekten, gehen allerdings auch mit Bedenken einher. Eines ist jedoch sicher: Ein fester Bestandteil des beruflichen Alltags war, ist und bleibt die Telefonie.
Ein modernes Arbeitsumfeld setzt dem Mitarbeiter keine Grenzen, sondern ermöglicht es ihm, räumlich und gegebenenfalls zeitlich autark zu agieren. Nicht selten jedoch finden sich noch zahlreiche Tools in deutschen Unternehmen, die – mögen sie auch mit noch so viel guten Absichten angeschafft worden sein – mehr als Arbeitsverhinderer denn als -unterstützer fungieren. Von der häufig angeführten und vor allem angestrebten Work-Life-Balance ist man in diesem Zusammenhang noch weit entfernt.
Telefonie in der Übergangsphase
„Ein fester Bestandteil des ‚Digital Workplace‘ ist dabei die Telefonie“, führt Jan Böttcher, Country Director DACH beim Cloud-PBX-Anbieter Xelion, an. „Sie ist die Lebensader vieler Unternehmen, auch wenn andere Kommunikationskanäle in den letzten Jahren dazugekommen sind.“ Das bestätigt auch eine von Norstat im Auftrag von Snom Technology durchgeführte Studie, wonach die Telefonie in deutschen Unternehmen noch immer einen hohen Stellenwert hat. Demnach sind Tischtelefone für die überwiegende Mehrheit der in Büros Beschäftigten, konkret 80 Prozent der befragten Personen, nach wie vor ein unverzichtbares Arbeitsmittel.
Die Mehrheit der Unternehmen in Deutschland dürfte sich in dem Zusammenhang inzwischen – angestoßen durch ihren Netzbetreiber oder durch ihr ITK-Systemhaus – mit dem Abschied von ISDN beschäftigt haben. Fakt ist jedoch, dass viele Firmen ihre vorhandene Technik mit Hilfe von beispielsweise ISDN-Adaptern weiterbetreiben. Das bestätigt auch die im Sommer 2019 durchgeführte Snom-Umfrage: VoIP beziehungsweise IP-Telefonie sei demnach längst noch nicht in allen Unternehmen angekommen. Für die Auftraggeber der Studie nur schwer nachvollziehbar; ließen sich doch Telefonkosten damit dauerhaft so stark senken, dass sich die gesamte Umstellung auf VoIP oftmals bereits im zweiten oder dritten Jahr amortisiere. Tatsächlich sei gerade in vielen kleineren Unternehmen nicht bekannt, welche Vorteile eine moderne Anlage bietet, sagt Dietmar Steinbrücker, Director Service Provider bei Snom. Dabei sollen viele Vorteile, die jeder auf seinem Mobiltelefon nutzt, durch diese Lösungen auch auf dem Schreibtisch oder im Homeoffice verfügbar. Und eine Cloud-basierte Anlage mit einer leistungsstarken UCC-Plattform biete laut Steinbrücker heute auch die erforderliche Flexibilität bei Umstrukturierungen im Unternehmen. So könnten Nebenstellen beliebig hinzugebucht oder auch gekündigt werden. „Im Endeffekt wird Kommunikation vereinfacht, die Produktivität der Beschäftigten gesteigert und Kosten für Telekommunikation und Reisen reduziert“, resümiert der Snom Director. Die von Steinbrücker angeführten Argumente werden auch von der Studie gestützt: Für die Mehrzahl der Befragten, 57 Prozent, stehen die Kosteneinsparpotenziale für das Unternehmen an erster Stelle. Dicht gefolgt wird der Spitzenreiter „Kostenreduktion“ vom Argument „Sprachqualität“. 48 Prozent aller Befragten sehen darin den entscheidenden Vorteil. Auf Platz 3 der Liste der wichtigsten VoIP-Vorteile hat es mit 46 Prozent „Mobilität“ geschafft. „Der eine oder andere IT-Manager mag abwarten, bis wir tatsächlich 5G haben und sich die Probleme von Firewall, NAT und QoS so nicht mehr stellen“, ergänzt Christian Stredicke, Gründer und CEO von Vodia Networks. „Mitarbeiter profitieren dann von der Mobilität, die sie bereits vom Mobilfunk seit vielen Jahren kennen, auch für die interne Kommunikation. Da praktisch jeder bereits heute ein Smartphone mit Daten-Flatrate hat und wir hier über weniger als 100 kBit/s Bandbreite reden, macht es Sinn, bei Mitarbeitern, die sehr von der Mobilität profitieren oder die nur selten telefonieren, diese Nebenstellen bereits heute umzustellen.“
Doch woran liegt es dann, dass gleichwohl noch viele Unternehmen vor einer Umstellung auf eine cloudbasierte Anlage zögern? „Sie äußern Sicherheitsbedenken, scheuen die vermeintlich hohe Investition, oder es fehlen Zeit und Know-how“, lautet Steinbrückers Antwort darauf.
Kommentar von Tim Mois:
VoIP – impulsgebend und dynamisierend
Früher war VoIP eine aufregende Technologie, die den Wandel in der Kommunikation angestoßen hat. Heute ist sie absolute Basis, wenn es um Telefonie geht. Bestellen Unternehmen heutzutage einen Telefonanschluss beim Carrier, ist der genauso „VoIP“ wie die Telefonanlage im Zweifelsfall auch. Da gibt es höchstens noch Unterschiede, ob man denn die Anlage on-prem im eigenen Keller stehen hat oder im Rechenzentrum. Allein der Gedanke, bei der aktuellen Büroverkabelung Telefondrähte zu verlegen, scheint schon abwegig. Ergo: VoIP hat den Markt komplett übernommen und lässt keinen Raum für andere relevante Technologien.
Hinzu kommt: Früher hat man Telefonanlagen für zehn Jahre geleast und den Vertrag gegebenenfalls um weitere zehn Jahre verlängert. Das heißt im Umkehrschluss: Man musste sich schon sehr früh damit auseinandersetzen, was man in den nächsten 20 Jahren in dem Umfeld einsetzen möchte. Diese Vorausschau mit den mitunter sehr langen Anforderungslisten, die oft eh nur auf dem Papier eine Rolle spielten, kann man sich mit VoIP im Prinzip heutzutage sparen.