connect professional: Was sind die Vorteile von Open- Source-Lösungen – gerade für die öffentliche Verwaltung?
Schmitz: Die öffentliche Verwaltung steht vor zwei fundamentalen Herausforderungen: Zum einen sollen die Daten der Behörden effizient verarbeitet werden, um dadurch zeitgemäße digitale Services anbieten zu können. Zum anderen geht es um den zuverlässigen Schutz sensibler Informationen. Transparenz und Kon-trolle über die Daten sind dafür entscheidend. Und damit bewegen wir uns im Bereich der digitalen Souveränität, die aus unserer Sicht ohne Open-Source-Lösungen nicht gewährleistet werden kann.
Doch nicht nur das, auch die technologische und die operative Souveränität – die beide stärker im Kontext der digitalen Souveränität betrachtet werden sollten – profitieren von Open Source. Setzt etwa der Service Provider, also zum Beispiel der lokale Cloud-Anbieter, auf Open Source, so erleichtert ihm dies auch die Verwirklichung eines transparenten Betriebs, der wiederum der öffentlichen Einrichtung zugutekommt und ihr Kontrolle beziehungsweise Gewissheit verschafft.
connect professional: Was könnte im Public Sector ausbremsend wirken bei der Einführung von Open-Source-Lösungen?
Schmitz: Aus meiner Sicht bremst uns die Tatsache aus, dass bei der Einführung von Open-Source-Lösungen nicht konsequent an einem Strang gezogen wird. Der Föderalismus – bei all seinen Vorteilen – sorgt im Einzelfall für Intransparenz und Inkonsistenz. Deutlich wird das beispielsweise im derzeitigen Diskurs rund um das OZG 2.0. Ursprünglich wurde hier der vorrangige Einsatz von Open-Source-Software im Kabinettsbeschluss verankert. Im Bundesrat kam es dann zur teilweisen Aufweichung, etwa beim Thema technische Standards. Dadurch entsteht Unsicherheit, nicht nur in den Verwaltungen, sondern auch bei Projektpartnern, die mit der Einführung betraut werden.
connect professional: Sind an der Diskussion rund um Open Source alle relevanten Parteien im Boot?
Schmitz: Für eine inhaltliche Fachdiskussion rund um Open Source ist sicherlich das Commitment aller demokratischen Parteien nötig. Hier gibt es natürlich Präferenzen, die auch personelle Gründe haben. Vage Aussagen zum Einsatz von Open Source und offenen Standards „wo es möglich ist“, helfen uns jedoch nicht weiter. Entscheidend ist, dass die digitalen Vorfeldorganisationen der Parteien im Boot sind und der enge Austausch mit Organisationen wie der Open Source Business Alliance, dem eco sowie dem GovTech Campus diese Aussagen konkret mit Leben füllen.
connect professional: Warum sollte ein Mehr an Open Source mit der Forderung nach Open Standards mit Quellcode-offener Referenzimplementierung einhergehen?
Schmitz: Offene Standards sind aus vielerlei Hinsicht richtig und wichtig. So sorgen sie etwa für mehr Transparenz, unterstützen die Interoperabilität von Systemen und dienen natürlich auch der Portabilität von Daten. Das sind alles Dinge, die auch Open-Source-Lösungen leisten wollen. Doch mit offenen Standards ist es eben nicht getan. Die Referenzimplementierung muss ebenfalls offen sein. Sie fungiert als faktische Steuerung und sollte nicht der Willkür des Anbieters ausgesetzt sein.
connect professional: Haben Sie ein Beispiel?
Schmitz: Nehmen wir die bekannteste Office-Lösung eines großen US-Anbieters. Hier kommen zwar offene Standards zum Einsatz, doch die Implementierung ist „Closed Source“. Das bedeutet, dass der Dienstleister, der die Lösungen implementieren soll, vom Anbieter abhängig ist, sollte eine Anpassung nötig sein.
connect professional: Sie sehen Open Source also als wichtigen Träger der Digitalisierung?
Schmitz: Die Transformation unserer Gesellschaft hin zu einer digitalen Informationsgesellschaft ist faktisch weder verhandelbar noch verhinderbar. Fortschritt und Wertschöpfung durch Digitalisierung werden kommen. Doch damit diese Transformation im besten Sinne der Gesellschaft gelingen kann, müssen etwa der Datenschutz, die Datenhoheit und Nachhaltigkeit sichergestellt werden. In Kombination lassen sich diese Aspekte aus meiner Sicht nur durch Open Source und offene Standards erreichen.