Aber auch bei den Grundfunktionen hat sich in den vergangenen Jahren viel entwickelt, die verschiedenen Lösungen sind nicht still gestanden. Was noch vor einiger Zeit außergewöhnlich war, ist heute schon obligatorisch. „Der Leistungsumfang der IP-Telefonanlage muss mindestens dem Umfang einer ISDN-Anlage entsprechen, da dieser inzwischen gewissermaßen zum Standard geworden ist“, erklärt Kracker im funkschau-Interview. „Ein ausgefeiltes Rufumleitungs-, Rufgruppen-, Konferenz- und Warteschlangensystem ist zwar nicht für jedes Unternehmen notwendig, gerade mittleren und größeren Unternehmen hingegen erleichtern diese Funktionen die Kommunikation enorm.“ Zudem würden die Erwartungen an den Komfort der Systeme steigen. Eine moderne TK-Anlage muss einfach zu administrieren und vom Anwender leicht zu bedienen sein, die einfache Einbindung in die bestehende Infrastruktur und die Arbeitsumgebung steht ebenfalls im Fokus. „Außerdem ist es unerlässlich, dass sie die vielfältigen Anschlussarten der zahlreichen verschiedenen Provider unterstützt – nur so bleibt der Kunde maximal flexibel, auch und gerade in puncto Kosteneffizienz“, erläutert Lunge. „Hier ist natürlich der Hersteller gefragt.“ Er müsse durch regelmäßige Updates dafür sorgen, dass die Anlage mit möglichst vielen Provideranschlüssen kompatibel sei.
Die Digitalisierung und die damit einhergehende Veränderung der Unternehmenskommunikation hin zum digitalen Arbeitsplatz werden ihr Übriges tun, um die Entwicklung der TK-Anlage voranzutreiben. Besonders Flexibilität und Mobilität sind Eigenschaften, die zusehends vorausgesetzt werden. „Mobile Telefonie auch außerhalb des Unternehmens, Heimarbeitsplätze und Einbindung moderner Kommunikation wie beispielsweise Videokonferenzen und Chat bei modernen IP-Anlagen sind selbstverständlich“, so Kracker. Die Administration sei parallel dazu immer komfortabler geworden, sodass IP-Telefone automatisch angebunden und unter anderem Tastenbelegung und Telefonverhalten über die Anlage mitgesendet werden könnten. „Eine manuelle Einrichtung eines jeden einzelnen Telefons entfällt dabei, da diese bei IP-Anlagen direkt über die Anlage eingerichtet werden.“
Der digitale Arbeitsplatz
Viele Unternehmen nutzen die IP-Umstellung, um ihre Kommunikationsinfrastruktur zu prüfen und gegebenenfalls zu modernisieren. Fällt dabei die Entscheidung statt für die Überbrückung via Media Gateway für den Aus-tausch der Telefonanlage, würden die Anwender hauptsächlich auf „einfache Bedienbarkeit, standortunabhängige Kommunikation sowie geringe Administrationskosten achten“, erklärt Hensche gegenüber funkschau. Der nächste Schritt führt dann oftmals zur Integration der TK-Anlage in weiterführende Lösungsansätze und hin zu Unified Communications-Konzepten. Sicherlich ist es nicht für jedes Unternehmen notwendig, die eigene Migration gleichzeitig für eine umfangreiche Digital-Workplace-Strategie zu nutzen, viele Experten raten stattdessen zu einem Schritt-für-Schritt-Vorgehen. Und doch wird für eine lösungsübergreifende Kommunikation der Grundstein gelegt. „Unified Communication schafft letztlich eine wesentliche Verbesserung der Prozesse und der Kommunikation im Unternehmen“, erklärt Ebner. „Ein ganz simples Beispiel: Um aus Hamburg einen Kollegen zu erreichen, der in München sitzt, braucht es nur noch einen Click – man muss nicht mehr erst aufwändig die Telefonnummer heraussuchen.“ Obendrein könne man gleich sehen, ob der Kollege gerade verfügbar oder vielleicht in einem Termin ist. „Unternehmen, die diese Vorteile schätzen, werden UC einsetzen“, so Ebner. „Ob es künftig hin geht zu ganzheitlichen Digital-Workplace-Lösungen, muss man aber sehen.“ Solche Ansätze soll es aktuell noch nicht geben, vielmehr handle es sich um eine Kombination aus verschiedenen Produkten und Services.
Digitale Zukunft
Auch im Zuge der Digitalisierung wird die PBX ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensinfrastruktur bleiben. Vielen Faktoren sprechen für den Einsatz einer On-Premise-Variante, besonders, da sich die Geräte im Laufe der Zeit enorm entwickelt haben und mittlerweile Funktionen weit über die klassische Telefonie hinaus bieten. Nichtsdestotrotz müssen Unternehmen ihre eigenen Systeme gerade im Zuge der All-IP-Umstellung genau prüfen und gegebenenfalls erweitern oder modernisieren. „Kurz oder mittelfristig kann die ISDN-Anlage noch über ein Gateway angebunden werden, generell rate ich aber allein wegen der Funktionalität und der Zukunftssicherheit zur Umstellung auf VoIP“, erklärt Kracker von Tiptel. Um eine möglichst zukunftssichere Kommunikationstechnologie einzusetzen, empfiehlt er eine flexible, mitwachsende Lösung mit möglichst breiter Kompatibilität. „Können neue Nebenstellen angeschlossen werden, sind ausreichend externe Leitungen verfügbar und muss die Hardware dann ausgebaut werden? Das sind solche Fragen, die gerade von mittelständischen Unternehmen oft gestellt werden“, so der Experte. Daher geht auch der Wunsch bei Telefonanlagen in Richtung der flexibel erweiterbaren Lösungen – ob On-Premise, als Soft-PBX oder aus der Cloud. Das technische Fräulein vom Amt ist dank VoIP im digitalen Zeitalter angekommen.