Drei Jahre lang führte Erik Pfannmöller die Weltrangliste im Kanuslalom an. Dann wagte der Hochleistungssportler 2010 einen Neuanfang als Unternehmer. funkschau sprach mit ihm über sein aktuelles Start-up Solvemate und die Parallelen von Sport- und Geschäftswelt.
Pfannmöller ist in seinem ersten Leben, wie er es ausdrückt, Hochleistungssportler im Kanuslalom gewesen. Dann beendet er mit 23 Jahren seine aktive Sportkarriere und wechselt auf Unternehmensseite. Im Januar 2010, direkt aus der Business School heraus, gründet er mit „Teambon“ sein erstes Unternehmen, das bereits Monate später von DailyDeal übernommen wird. Pfannmöller fackelt nicht lange; im April 2010 folgt schon der zweite Streich: Zusammen mit Albert Schwarzmeier gründet er das Berliner Start-up „Mysportbrands“. „Das war eine E-Commerce-Firma“, erinnert sich der Ex-Kanute. „Wir haben von Laufschuhen bis Outdoor-Jacken im Sportbereich alles verkauft. Ich habe Venture Capital aufgenommen und nach vier Jahren als Geschäftsführer die Firma mit 70 Mitarbeitern und 20 Millionen Euro an mein damaliges Management übergeben.“
Das „zweite Leben“
Danach stellt sich für Pfannmöller, bald Vater eines dritten Kindes, die Frage: Wie geht es weiter? „Bin ich jetzt angestellter Geschäftsführer? Steige ich in Venture Capital ein? Oder gründe ich wieder eine Firma?“ Pfannmöller entscheidet sich mit Solvemate als Software-Firma für Letzteres – auch und besonders aus der Motivation heraus, weil ihn das Technische und Analytische reizt. „Ich habe mich entschieden, eine Software-Firma zu gründen, weil es mich begeistert und motiviert, wie Software die Welt verändern kann“, sagt er. „Von außen sehe ich vielleicht wie ein Sportler und Kaufmann aus, aber innen drin bin ich sehr analytisch, habe immer die besten Noten in Statistik geschrieben und kann selbst Datenbankabfragen schreiben.“ Er entscheidet sich gegen die gehypte Trendtechnologie Bitcoin – „ich glaube, die Technologie braucht noch fünf Jahre, um wirklich richtig zum Durchbruch zu gelangen“ – und beschäftigt sich stattdessen intensiv mit der Thematik Machine Learning (ML). Schon früh erkennt er, dass Mathematik, Programmieren und Business die Überschneidung von ML darstellen. Ein Jahr verbringt er in einem kleinen Souterrain-Büro im Prenzlauer Berg in Berlin und versucht, hinter das Geheimnis von Algorithmen zu kommen. „Und zwar wollte ich sie nicht programmieren, sondern ich wollte verstehen, welche Art von Algorithmen mit welchen Daten eigentlich was vorhersagen kann. Machine Learning ist nur ein Teil davon.“ Für den Analytiker Pfannmöller hat ML eine ähnlich einschneidende Bedeutung wie KI: „Dieser Megatrend, der wie das Internet vor 20 Jahren angefangen hat, wird – wie ich glaube – die ganze Welt umkrempeln und ganz viele Geschäftsprozesse beeinflussen.“
Ein Anruf als zündende Idee
Nach knapp einem Jahr intensiver ML-Recherche – „jedes Meet-up zu dem Thema in Berlin, was es dazu gab, habe ich besucht und irgendwann hatte ich den Stand der Welt verstanden“ – ist für Pfannmöller der Punkt gekommen, sich zu entscheiden, was er mit dem gesammelten Wissen genau anfangen möchte. „Dann kam der auslösende Moment für Solvemate, als mich mein Vater anrief, während ich eine wissenschaftliche Abhandlung über Entscheidungsbäume und die Algorithmen dahinter las“, erinnert sich Pfannmöller. „Mein Vater sagte: ‚Sohn, ich kann keine E-Mail mehr schicken. Kannst du mir helfen?‘ Daraufhin habe ich versucht, den Entscheidungsbaum diagnostisch einzugrenzen. Erste Frage: Welches Endgerät nutzt du – Telefon, iPad oder PC? Zweite Frage: Welchen Account verwendest du – privat oder geschäftlich? Und danach habe ich ihn gefragt, bist du überhaupt online? Dann habe ich in meinem kleinen Souterrain an einem Riesenwhiteboard versucht, den Entscheidungsbaum für alle E-Mail-Probleme aufzuschreiben. Da ist mir bewusst geworden, dass ich gerade die Call-Guideline für ein Contact Center erstelle.“
Die Idee für Solvemate ist geboren: ein automatisierter, dynamischer Kundensupport als Software as a Service via Chat Interface – zum Beispiel per WhatsApp-Chat oder Facebook Messenger. Oberstes Ziel: die sogenannte First Contact Resolution Rate so hoch wie möglich halten. Mit der FCR, zu Deutsch der Erstlösungsquote, lassen sich Kundenanfragen messen, die beim ersten Kontakt einer Lösung zugeführt werden konnten. Virtuelle Agenten sollen dabei innerhalb weniger Sekunden die Lösung zu dem Großteil der Anfragen im Support finden. Seit dem Launch der Solvemate-Lösung 2017 ist man diesem Ziel schon sehr nahe gekommen: Über 80 Prozent der Anfragen werden mittlerweile innerhalb von 15 Sekunden gelöst. Und in dieser Zeit hat der Endkunde weder das E-Mail-Programm geöffnet noch die Telefonnummer gewählt. „Unser USP ist, dass wir so schnell so oft zur Lösung kommen“, bringt es Pfannmöller auf den Punkt.