Agil arbeiten in KMU

Sukzessiv anstatt mit großem Big Bang

2. März 2020, 14:46 Uhr | Autorin: Diana Künstler
© Fotolia / Jeanette Dietl

Agile Methoden in der Unternehmensführung gehören für große Unternehmen mittlerweile fast schon zum Alltag. Sie helfen, dass Unternehmen ihre strategischen Ziele trotz des oft zeitraubenden Tagesgeschäfts erreichen. Ein Doppelinterview.

funkschau: Das aktuelle Arbeitsumfeld ändert sich: Neue Medien, aber auch der demografische Wandel und der immer stärker zunehmende globale Austausch verändern die Art und Weise, wie Menschen in Unternehmen arbeiten. Wie definieren Sie „Arbeitswelten 4.0“? Welche Aspekte gehen für Sie damit einher?
Paula Brandt: Unter Arbeitswelten 4.0 verstehe ich ein Umdenken im Umgang mit Mitarbeitern. Wo es früher einheitliche und verbindliche Regelungen für alle gab, richtet sich die Arbeit heute nach den Mitarbeitern. Ein Mitarbeiter will mobil arbeiten, ein anderer vom Home-Office aus, ein Techniker überwiegend in den Abendstunden. Firmen müssen darauf eingehen und praktikable Lösungen schaffen – so, dass jeder Einzelne sein bestes Ergebnis bringen kann. Denn: Wesentlich für eine positive Unternehmensentwicklung ist es, dass die Mitarbeiter mit den neuen Entwicklungen mithalten. Dafür müssen sie ihre Arbeit optimal ausüben können.

In einer Zeit, in der Maschinen Fähigkeiten erwerben, die lange Zeit Menschen vorbehalten schienen, erfolgt eine Steigerung der Produktivität nicht mehr über „Zahlen – Daten – Fakten“, sondern aus den Menschen selbst heraus.

Unternehmen sollten komplexe Problemlösungsfähigkeiten, kritisches Denken und Kreativität deshalb als ihre Ressourcen begreifen. Nicht umsonst wird Studenten im Silicon Valley exponentielles Denken gelehrt. Unternehmen müssen derartige Fähigkeiten bei ihren Mitarbeitern herauskitzeln und fördern. Gleichzeitig dürfen sie neue Mitarbeiter nicht nur „nach Noten“ auswählen. Es geht darum, den Mitarbeiter mit dem besten „Fit“ für die jeweilige Stelle zu finden. Alle Mitarbeiter müssen darüber hinaus großes Mitbestimmungsrecht erhalten: Nicht nur wo, wann und wie sie arbeiten, sondern auch welche Fortbildungen sie besuchen, welche Einstellungen in ihrem Team stattfinden – bis hin zu Transparenz bei kritischen Geschäftsdaten und Gehaltsinformationen. Für mich gehört das alles zur Arbeitswelt 4.0.

funkschau: Digitale Transformation und Industrie 4.0 sind die Schlagworte der Wirtschaft, für kleine und mittlere Unternehmen sind es dagegen oft jedoch nur leere Worthülsen. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Jürgen Gut: Meines Erachtens liegt das weniger an der technologischen Umsetzung als an der dafür oft notwendigen Umstellung von ganzen Organisationen und deren Prozessen. Die gelingt nicht „mal so eben nebenbei“. Kleinen und mitteleren Unternehmen mangelt es in der Regel an den nötigen Ressourcen, um sich mit derart aufwendigen Veränderungen zu beschäftigen.

funkschau: Wie lässt sich eventuell schon mit kleineren, „realitätsnäheren“ Ansätzen die Digitalisierung einzelner Geschäftsbereiche oder Prozesse in KMU angehen?
Brandt: Gerade in KMU, die ja meistens inhabergeführt sind, hat der Firmenchef eine tragende Rolle. Wichtig ist, den Mitarbeitern keine Standardrezepte „überzustülpen“, sondern erstmal die Voraussetzungen im eigenen Unternehmen zu analysieren und dann ein Zukunftsszenario zu entwickeln. Digitalisierung muss zwar letztlich alle Mitarbeiter einbeziehen, trotzdem ist ein „Big Bang“ auf dem Weg dorthin nicht wirklich empfehlenswert. Es ist weit sinnvoller, mit ausgewählten Bereichen und Mitarbeitern zu starten und durch deren Erfolge die anderen, insbesondere auch die Skeptiker, sukzessive „mitzuziehen“. Dafür ist der richtige Einführungsplan entscheidend.

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