André Reimers von Pleo im Interview

„Wir Menschen sind Gewohnheitswesen“

7. Januar 2021, 10:47 Uhr | Autorin: Natalie Lauer
© destinacigdem / 123RF

Auch vor der Buchhaltung macht die Digitalisierung nicht halt, zahlreiche Prozesse lassen sich bereits automatisieren. Trotz der Möglichkeiten setzen viele Unternehmen aber noch auf klassische Werkzeuge. Laut André Reimers von Pleo soll sich das aber bald ändern.

André Reimers ist Head of Sales bei Pleo. Das 2015 in Kopenhagen gegründete Unternehmen beschäftigt aktuell 220 MitarbeiterInnen und bietet eine Cloud-Lösung für die weitestgehend automatisierte Verwaltung von Firmenausgaben und die Digitalisierung der Buchhaltung.

 

funkschau: Herr Reimers, mit Pleo automatisieren Sie das Verwalten von Unternehmensausgaben. Warum sollten Unternehmen diese Prozesse automatisieren, welche Kosten und Probleme sind gegebenenfalls mit der manuellen Buchhaltung von Ausgaben verbunden?

André Reimers: Um es ganz kurz zu machen: Jeder Euro, den ein Mitarbeiter eines Unternehmens ausgibt, kostet zusätzliches Geld – zumindest so lange die Ausgaben manuell verwaltet werden. Mitarbeiter müssen Belege einreichen, die Kollegen in der Buchhaltung müssen selbst Cent-Beträge abtippen und in die jeweilige Software übertragen. Ganz zu schweigen von der Archivierung und dem Aufwand, sollte sich irgendwo ein Tippfehler einschleichen.

funkschau: Lassen sich diese Kosten genau beziffern?

Reimers: Im Schnitt kostet die Abwicklung einer Reisekostenabrechnung 53 Euro. 20 Minuten verbringen Mitarbeiter für das Ausfüllen der Abrechnungsbögen. Damit hört es aber nicht auf, denn eine von fünf Abrechnungen ist fehlerhaft und muss korrigiert werden, was abermals 44 Euro und kostbare Zeit verschwendet.

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André Reimers, Pleo
André Reimers, Pleo
© Pleo

funkschau: Wie sollen und können digitale Lösungen im Detail bei diesen Prozessen helfen?

Reimers: Wir wollen den gesamten Prozess so früh wie möglich digitalisieren und automatisieren. Sprich: ab dem Moment des Zahlvorgangs. Idealerweise zahlt der Mitarbeiter mit seiner eigenen Firmenkreditkarte oder bald schon mobil beispielsweise mit ApplePay, scannt mit einem Klick am Smartphone die Rechnung und übermittelt diese direkt online an die Buchhaltung. Der Rest erfolgt, ohne dass irgendwo auch nur ein Papier ausgedruckt und eingereicht werden müsste. Auch ist die Rechnung bereits automatisch, DSGVO-konform archiviert. Alle Beträge, inklusive der Umsatzsteuer, werden automatisch ausgelesen und an die relevante Buchhaltungs- und Steuersoftware übermittelt – etwa Datev Online oder Lexoffice.

funkschau: Wie weit ist die Digitalisierung dieses Bereichs fortgeschritten, wie stark lassen sich die Buchhaltungs-Prozesse bereits automatisieren?

Reimers: Fast komplett. Der oder die Buchhalterin übernimmt eher eine prüfende Funktion und schaut, ob irgendwo Widersprüche oder wider Erwarten Ungereimtheiten auftauchen. Außerdem kann sie oder er Ausgaben auch zeitlich einordnen und mit einem Klick nach Typ oder Mitarbeiter kategorisieren. Dadurch kann die Geschäftsführung, ein einzelner Mitarbeiter, Abteilungsleiter oder auch die Finanzabteilung auf einen Blick sehen, wohin die Gelder des Unternehmens eigentlich fließen. Visualisierung öffnet viele Türen.

funkschau: Wie verändert sich durch entsprechende Lösungen die Arbeit in der Buchhaltung?

Reimers: Sicherlich wird viel manueller Kleinkram wegfallen. Das gründliche Abtippen und das analoge Abheften von Belegen in Ordnern werden entfallen. Gefragt sind stattdessen eher digitale Skills. Beispielsweise müssen Personen, die die Ausgaben des Unternehmens verwalten, zeitgemäße Software bedienen können. Auch könnte es sein, dass analytische Talente zunehmend relevanter werden.

funkschau: Noch sind hier viele Unternehmen aber anders aufgestellt, nutzen beispielsweise Word, Excel und Co. Für diese Prozesse. Warum ist das so?

Reimers: Das frage ich mich auch manchmal! Meine ganz persönliche Vermutung: Wir Menschen sind Gewohnheitswesen. Verhaltenspsychologisch betrachtet ist es von uns daher gar nicht so einfach, Dinge, die wir seit Jahren gleich handhaben, anders zu machen. Andererseits kalkulieren Unternehmer und Manager eigentlich rational, wie rasch und in welcher Höhe sich eine Investition rentiert. Von daher und auch aufgrund unseres raschen Wachstums bin ich zuversichtlich, dass zeitgemäße Cloud-Software für das Verwalten von Unternehmensausgaben europaweit bald schon Standard ist.


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