Aber Mainframes arbeiten nicht im luftleeren Raum, sie werden flankiert von einer oft ebenso komplexen Infrastruktur und Applikationslandschaft. „Auch für diese muss ein bestimmtes Verständnis bestehen“, so Helmut Sturm, Principal Enterprise Architect bei Fujitsu. Ein solches Nebeneinander kann darüber hinaus dazu führen, dass erhoffte Kosteneinsparungen mitunter auf sich warten lassen, wie Claus Heller beschreibt: „Mainframes sind teuer. Daraus folgt, dass ein Umstieg auf dezentrale Lösungen grundsätzlich hohe Einsparpotenziale mit sich bringt. Das große Aber dabei: Oft kann oder möchte man den Mainframe nicht komplett abschalten, sondern stufenweise vorgehen.“ In Folge sei es schwierig, die Kostenvorteile wirklich darzustellen, „denn der Mainframe ist ja noch da, und zusätzlich hat man einen neuen Kostenblock in der neuen Entwicklungsumgebung.“ Hier müsse dann erst einmal der Mainframe kostenmäßig optimiert werden, um eine vernünftige Gesamtkalkulation zu erreichen, führt Heller weiter aus.
Isoliert sollten Mainframes somit in keinem Fall betrachtet werden. Zu einem solch ganzheitlichen Blick gehört auch, dass mit der Modernisierung ein nicht zu unterschätzender Kulturwandel einhergeht. Denn nicht nur die Mainframes sind durch verschiedene Jahrzehnte gegangen, auch die damit arbeitenden Teams. Sie gilt es bei der Veränderung des Arbeitsumfeldes mitzunehmen. „Die vorhandenen fachlichen Wissensträger, Entwickler und das Operating müssen frühzeitig eingebunden und in die Lage versetzt werden, ihr System auch unter den neuen Rahmenbedingungen – andere Plattform und häufig auch andere Entwicklungsansätze, wie agilere Methoden – zu betreuen und eiterzuentwickeln“, erklärt Martin Reusch.
Zudem ist mitunter eine andere Arbeitsweise beziehungsweise Zusammenarbeit bei allen Beteiligten nötig. Experten von T-Systems beschreiben dies folgendermaßen: „Eine Trennung in Entwickler, die stupide Anforderungen umsetzen, ohne den Zusammenhang zu verstehen, und Consultants, die Anforderungen stellen, aber nicht in den Code reinschauen können, kann hier nicht funktionieren.“ Aufgrund der breiten Klaviatur an Technologien, Sprachen und Werkzeugen am Mainframe mag es aber auch ab und an vorkommen, dass man für eine Anforderung keine Lösung hat. Zwar versuchen die Technologie-Anbieter möglichst breit aufgestellt zu sein, um für jede Eventualität gerüstet zu sein. Doch Martin Reusch gibt zu bedenken: „Es gibt immer wieder Ausgangslagen oder Einzelfälle, zum Beispiel kein vorhandener Source Code oder der Einsatz sehr seltener proprietärer Alt-Technologien, die ein Modernisierungsprojekt anspruchsvoll gestalten und vor Herausforderungen stellen.“ Hier gelte es, potenzielle Show-Stopper frühzeitig zu entlarven.
Auch Helmut Sturm berichtet, dass Fujitsu-Fachleute vereinzelt auf Lösungen mit Laufzeitkomponenten treffen, die nicht als lesbarer Code zur Verfügung stehen. „Das macht Analysen zur Herausforderung, denn sie müssen mit entsprechendem Expertenwissen ergänzt werden, um fachliche Anforderungen isolieren und verstehen zu können.“ Dies zeige, dass Modernisierungsinitiativen auch als Dienstleitungsprojekte mit technischer Unterstützung zu verstehen seien, so Sturm.
Dreh- und Angelpunkt bei der Mainframe-Modernisierung ist es aber, den richtigen Ansatz zu finden. Eine allgemeingültige Lösung gibt es dabei nicht. Fragt man umgekehrt, zu welchen Aspekten die größte Nachfrage besteht, spielt die Cloud eine wichtige Rolle. „Aktuell wird in vielen Unternehmen der Ansatz des Replatformings, also der Verlagerung der Mainframe-Anwendungen zum Beispiel in die Cloud, sehr intensiv diskutiert – sicher auch wegen der aktiven Bewerbung durch die Cloud Service Provider“, so Reusch. „Diese Form der Modernisierung verspricht eine hohe Flexibilität und Skalierbarkeit für die Anwendungen, eine Senkung der Betriebskosten bei geringem Risiko.“ Und mittlerweile könnten Unternehmen aus eigenen Erfahrungen oder denen von anderen Unternehmen lernen. „Früher migrierten die Kunden ihre Mainframes einfach komplett in die Cloud, weil das der schnellste Weg war. Das brachte ihnen große TCO-Vorteile, aber sie nahmen dadurch auch die Probleme ihrer alten Anwendungen mit, weil sie nur die darunter liegende Infrastruktur austauschten“, so Arnd Hungerberg. Es gehe aber darum, dass Unternehmen nicht nur ihre Infrastruktur verbessern, sondern im gleichen Schritt ihre Legacy-Anwendungen modernisieren. Eine Leitplanke auf dem Weg zur Mainframe-Modernisierung mag Hungerbergs Rat sein: „Vertrauen Sie am besten niemand, der sagt, dass es einfach ist.“