In Deutschland sind laut dem Digitalverband Bitkom aktuell 149.000 IT-Jobs unbesetzt. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 12.000 mehr. Neben zu wenig Absolvent:innen hat das Problem viele weitere Facetten.
Laut den Ergebnissen der neuen Bitkom-Studie zum Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte verschärft sich der Mangel an IT-Fachkräften weiter. Waren vor einem Jahr noch 137.000 Stellen offen, sind es aktuell 149.000 Stellen für IT-Expert:innen.
„Der Mangel an IT-Fachkräften besteht in Deutschland unabhängig von Konjunkturzyklen und ist ein systemisches Problem der deutschen Wirtschaft. Zu wenig Fachkräfte und zu viel Regulierung bremsen das digitale Deutschland“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. „Davon ist neben den Unternehmen zunehmend auch die öffentliche Verwaltung betroffen, die unbedingt mehr Digitalkompetenz braucht. Der Mangel an IT-Fachkräften wird sich durch die demografische Entwicklung in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Politik und Unternehmen müssen schnell und massiv gegensteuern.“
70 Prozent (2022: 74 Prozent) der Befragten sagen, es herrsche ein Mangel an IT-Fachkräften. Lediglich 3 Prozent erwarten, dass der Mangel abnehmen wird (2022: 2 Prozent), hingegen befürchten 77 Prozent, dass sich die Situation verschärft (2022: 70 Prozent). Zudem dauere es immer länger, bis eine Stelle für IT-Fachkräfte neu besetzt wird: Im Schnitt bleiben freie Positionen 7,7 Monate unbesetzt. Vor einem Jahr waren es noch 7,1 Monate.
Nur 3 Prozent der Unternehmen gaben an, keine Probleme bei der Besetzung von IT-Stellen zu haben.
Zwar ist die Zahl der Absolvent:innen in der Fächergruppe Informatik 2022 leicht gestiegen, von 32.125 auf 34.385. Zuletzt haben demnach 72.389 Personen ein solches Studium aufgenommen. Allerdings: „Es studieren immer noch zu wenig junge Menschen und vor allem auch zu wenig Frauen Informatik. Und die Abbrecherquote liegt dauerhaft über 50 Prozent und ist damit viel zu hoch. Den steigenden Bedarf an IT-Fachkräften werden wir aus den Hochschulen nicht decken können“, so Wintergerst.
Eine duale Berufsausbildung wie Fachinformatik abgeschlossen haben 44 Prozent der Eingestellten, einen IT- oder IT-nahen Hochschulabschluss hatten 16 Prozent und 17 Prozent haben ein solches Studium zwar begonnen, aber nicht abgeschlossen.
Immer mehr werde daher auf Quereinsteiger:innen gesetzt, hier lag der Anteil bei 23 Prozent.
Bei der Besetzung offener Stellen stehen Unternehmen vor einigen Herausforderungen. So passen die Gehaltsvorstellungen der Bewerber:innen oftmals nicht zum gewachsenen Gehaltsgefüge des Unternehmens (61 Prozent) oder zu den jeweiligen Kompetenzen (56 Prozent). Mal fehle es Bewerber:innen an fachlich ausreichender Qualifikation (46 Prozent) oder an notwendigen Soft-Skills (41 Prozent). Auch nicht vorhandene Deutschkenntnisse können zum Stolperstein werden und wurden von 35 Prozent der Unternehmen angegeben.
Angesichts der schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte setzen Unternehmen verstärkt auf Weiterbildung. 54 Prozent verfügen über eine zentrale Weiterbildungsstrategie, um digitale Kompetenzen zu vermitteln. 2017 waren es erst 37 Prozent. 67 Prozent bilden die eigenen Mitarbeiter:innen in diesen Bereichen weiter, das sei fast eine Verdopplung innerhalb der vergangenen sechs Jahre (2017: 37 Prozent).
Allerdings geben 34 Prozent auch an, dass Beschäftigte keine Lust auf einschlägige Weiterbildungen haben. Ebenfalls 34 Prozent sagen, es fehle die Zeit dafür, und 22 Prozent können sich nach eigenen Angaben solche Weiterbildungen nicht leisten. 31 Prozent beklagen ein zu unübersichtliches Angebot an Weiterbildungen. „Weiterbildung und die Vermittlung digitaler Kompetenzen darf in den Unternehmen kein Nice to have sein. Wer sein Unternehmen zukunftsfähig machen will, muss die Zeit dafür freimachen und die finanziellen Mittel bereitstellen. Hier könnte und sollte die Politik mit flexibleren Fördermodellen und insbesondere der zielgerichteten Unterstützung der kleineren und mittelständischen Unternehmen helfen. Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind gefordert, die Angebote anzunehmen“, so Wintergerst.
Trotz der Einführung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes 2020 ist nur für 22 Prozent der Unternehmen die Rekrutierung von IT-Fachkräften aus dem Ausland überhaupt ein Thema. Versucht haben es erst 8 Prozent. Bürokratie, fehlende Informationen zum Einwanderungsprozess, die lange Dauer, bis ein Visum erteilt wird, und fehlende Deutschkenntnisse der Bewerber:innen waren hier Aspekte, die Unternehmen beklagen.
„Deutschland muss ein attraktives Einwanderungsland werden. Das beginnt bei einem unbürokratischen und vollständig digitalen Verfahren zur Visa-Vergabe und einer schnellen und einfachen Abwicklung der inländischen Verwaltungsprozesse. Dazu gehören aber auch Unterstützung bei der Integration und beim Nachzug der Familie“, so Wintergerst. „Ausländerfeindlichkeit und Rassismus sind nicht nur menschenverachtend, sie schaden auch der deutschen Wirtschaft, und zwar massiv.“
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 853 Unternehmen ab drei Beschäftigten in Deutschland telefonisch befragt. Die Befragung fand im Zeitraum von KW 33 bis KW 41 2023 statt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft.