Doch die Entscheidung ruft nicht nur positive Stimmen hervor. Vor allem bei den Kabelanbietern macht sich Unmut breit. Sie sehen sich durch eine Debatte, die ursprünglich aus dem DSL-Bereich kommt und nun auch das Kabelnetz betrifft, benachteiligt. So heißt es in einer Stellungnahme der ANGA, dem Verband deutscher Kabelnetzbetreiber: »Einen Routerzwang – wie er im Koalitionsvertrag beschrieben wird – gibt es in Kabelnetzen nicht.« Durch die neue Regelung sehen sie nun erhebliche Probleme bei Kabelanbietern und ihren Kunden. Für sie ist das Kabelmodem integraler Bestandteil des Netzes, der die über das Kabel erbrachten Dienste hinsichtlich Bandbreiten und Qualitäten garantiert.
Der Kabelanbieter Unitymedia KabelBW wirft dem BMWi sogar eine ungenügende und falsche Feststellung des Sachverhaltes vor. Denn im Gesetzesentwurf sei keine Unterscheidung zwischen den Geräten Kabelmodem sowie Router getroffen worden und diese somit gleichgesetzt: »Dies ist eine schlichtweg unzutreffende Annahme, da Kabelmodems die Kommunikation mit dem Telekommunikationsnetzwerk abwickeln, während Router der Kommunikation innerhalb des Heimnetzwerks dienen.« Durch ein frei gewähltes Gerät eines Nutzers befürchtet Unitymedia sogar eine »Beeinträchtigung eines ganzen Clusters mit mehreren hundert Teilnehmern«. Neben den technischen Bedenken beklagen die Anbieter höhere Kosten durch einen Anstieg an Kundenfragen zu nicht authentifizierten Geräten. Dadurch könnten Service-Dienstleistungen nicht mehr im gewohnten Umfang angeboten werden.
Beim Aachener Netzwerkspezialisten Lancom sieht man die Sorgen der Kabelnetzbetreiber gelassen. »Uns sind keine technischen oder rechtlichen Gründe bekannt, die eine freie Wahl der Endgeräte verhindern«, sagt Lancom-Chef Ralf Koenzen. Auch Jörg Lösche, Geschäftsführer Commercial Business Unit Central Europe bei Netgear, hält die angeführten technischen Probleme für ein vorgeschobenes Argument, wie ein Blick in andere Märkte, in denen Kabelmodems frei verkauft werden, beweist. In den USA beziehen rund 55 Millionen Anwender ihr Internet über ein Kabelmodem, das sie entweder bei einem Fachhändler kaufen oder vom Provider mieten können. Beide Varianten funktionieren einwandfrei, wie Koenzen erklärt. Da die Kabelanschlüsse in den USA ebenso wie in Europa auf dem DOCSIS-Standard basieren, sieht auch Dopmeier von AVM keinen Grund zur Besorgnis. Wie bei Mobilfunknetzen handele es sich, so Dopmeier, auch bei Kabelnetzen um ein Shared Medium mit technischen Vorkehrungen, »um die Verkehrsdaten sicher dem jeweiligem Empfänger zuzuordnen«.
Da schon heute die Netzbetreiber verpflichtet sind, die Netzzugangsschnittstellen zu spezifizieren, sind auch die Hersteller bereits in der Lage, anhand dieser Informationen und der internationalen Standardisierung der Kabelnetze die passenden Geräte zu entwickeln. Die von den Kabelnetzbetreibern prognostizierten aufwendigen und teuren Zertifizierungsprozesse sind somit nicht zu erwarten. »Es ist Aufgabe der Hersteller und nicht der Netzbetreiber, funktionierende Endgeräte standard- und netzkonform zu entwickeln«, meint Koenzen von Lancom. Für ihn ist ein Endgerät seines Unternehmens für Kabelnetze auf jeden Fall ein interessantes Thema.