Zendesk zum 0180-Nummern-EuGH-Urteil

"Das Urteil war längst überfällig"

7. März 2017, 15:39 Uhr |
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Der Europäische Gerichtshofs (EuGH) hatte vergangene Woche in einem Urteil (C-568/15) die Entscheidung gefällt, dass Anrufe beim Kundendienst in Vertragsfragen keine Extrakosten mit sich bringen dürfen. Ein Urteil, das längst überfällig war, meint Björn Bauer von Zendesk.

Die Luxemburger Richter begründeten die Entscheidung am Donnerstag damit, dass zu hohe Telefongebühren bei 0180-Service-Nummern Verbraucher davon abhalten könnten, sich im Zusammenhang mit ihrem bestehenden Vertrag an ein Unternehmen zu wenden. Die Kosten dürfen demnach nicht höher sein als bei Telefonaten unter gewöhnlichen Festnetz- oder Mobilfunknummern.

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Björn Bauer, Zendesk
Björn Bauer, Sr. Solutions Consultant EMEA bei Zendesk
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Dazu Björn Bauer, Sr. Solutions Consultant EMEA bei Zendesk: "Über die rechtlichen Implikationen des Urteils ist nicht zu diskutieren. Das Urteil war meiner Meinung nach ein längst überfälliger Schritt. Denn eines ist klar: Kundenservice muss vom Unternehmen als natürlicher Teil der Kundenbeziehung angesehen werden. Wer aber eine teure Hotline anbietet, der straft den Kunden als Teil der Geschäftsbeziehung ab! Es werden Hindernisse für den Kunden aufgebaut und im schlimmsten Fall sogar noch versucht, aus dem Hilfegesuch des Kunden Profit zu schlagen. Das dies der falsche Ansatz ist, das sagt uns unser aller Bauchgefühl sofort. Denn „to service" heißt auch pflegen. Und genau das ist die Essenz von Kundendienst. Man ist ihm im Wortsinne zu Diensten und pflegt die Beziehung. Es gibt viele gute Beispiele dafür, dass Organisationen, die es dem Kunden einfach machen, auch davon profitieren, etwa indem sie im Austausch mit dem Kunden eben nicht nur auf Probleme treffen, sondern auch auf Gelegenheit andere Dinge zu besprechen.“

Hintergrund ist ein Verfahren am Landgericht Stuttgart. Dort ist der Online-Elektro-Händler Comtech angeklagt, der früher eine kostenpflichtige 01805-Service-Hotline geschaltet hatte. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs wirft Comtech daher eine "unlautere geschäftliche Handlung" vor. Das deutsche Gericht fragte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach, wie die entsprechende EU-Verbraucherrechte-Richtlinie auszulegen ist. 0180-Nummern können in Deutschland bis zu 14 Cent pro Minute oder 20 Cent pro Anruf aus dem Festnetz kosten. Eine EU-Richtlinie zum Verbraucherschutz aus dem Jahr 2011 sieht vor, dass Kunden nicht mehr als den "Grundtarif" zahlen müssen, wenn sie im Rahmen eines geschlossenen Vertrags telefonisch mit einem Unternehmen Kontakt aufnehmen wollen - also beispielsweise wenn sie dort ein Produkt gekauft haben. In der EU-Richtlinie ist aber der Begriff "Grundtarif" nicht definiert. Das Landgericht Stuttgart wollte nun vom EuGH wissen, was darunter zu verstehen sei.

Der EuGH argumentiert nun, dass Zielsetzung der Richtlinie die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus ist. Eine überteuerte Rufnummer widerspreche diesem Gedanken, da Verbraucher abgeschreckt werden, Rückfragen zu Lieferterminen, Rechnungen oder Gewährleistungen zu stellen. Nach Ansicht des EuGH entspreche der Begriff „Grundtarif“ den Kosten eines gewöhnlichen Anrufs. Die Richtlinie schütze dementsprechend den Verbraucher vor zusätzlichen Gebühren.

Auch der Der Call Center Verband Deutschland e. V. (CCV) begrüßte die mit dem Urteil einhergehende Rechtssicherheit, erwarte aber, dass die zeitliche, technische und organisatorische Machbarkeit für Unternehmer berücksichtigt werde. Constantin Jacob, CCV-Leiter Recht & Regulierung sowie Verbandsjustitiar äußerte zudem die Befürchtung, „das Urteil könnte nicht unbedingt dazu beitragen, die Qualität der angebotenen Servicehotlines zu verbessern.“


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