KI im IT-Alltag

König-Midas-Intelligenz

2. Juli 2021, 7:00 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

KI-gesteuerter Ansatz

Einige Anbieter arbeiten bereits mit solchen Mechanismen. HPE zum Beispiel nutzt mit seiner IT-Management-Lösung InfoSight einen unternehmensübergreifenden Data Lake und Machine Learning (ML), um kontinuierlich aus Auffälligkeiten und Störungen von Storage-Systemen auf die Fehlerquelle zu schließen, automatisiert Lösungsvorschläge zu unterbreiten und diese der gesamten Anwenderschaft bereitzustellen. Laut Angaben des Konzerns kann die Software 86 Prozent der Probleme vorhersagen. Dies habe den Anwenderunternehmen bereits über 1,5 Millionen Arbeitsstunden gespart. HPEs neues Werkzeug Data Ops Manager unterstützt laut Hersteller „Intent-based Provisioning“: Ein KI-gesteuerter, anwendungszentrierter Ansatz soll die Bereitstellung von Speicherinfrastrukturen radikal vereinfachen. IBM wiederum nutzt mit Cloud Pak for Data eine KI, um verteilte SQL-Abfragen zu beschleunigen, während die ebenfalls neue KI-Funktion Watson Orchestrate helfen soll, Arbeitsabläufe zu automatisieren. Eine beliebte KI-Quelle ist dabei die Cloud: Diverse Provider, allen voran AWS, Google und Microsoft, aber auch Spezialisten, offerieren ML as a Service (siehe Marktübersicht).

Im IT-Betrieb setzt man vor allem in puncto IT-Sicherheit große Hoffnungen auf KI. Schließlich ist es manuell kaum mehr möglich, den Überblick über die Flut der Security-Alerts zu behalten. „Die Früherkennung von Advanced Persistent Threats oder kurz APTs erfordert die Aggregation und Analyse einer großen Menge Daten nach auffälligem Verhalten, das Ähnlichkeiten zu bereits bekanntem Angriffsverhalten aufweist“, sagt Willem Hendrickx vom Security-Anbieter Vectra. Dazu zähle etwa das Aufspüren von Persistenzmechanismen, mit denen Angreifer Zugriff auf kompromittierte Umgebungen wahren, nachdem die ursprünglich genutzte Lücke geschlossen ist. Beim Aufspüren zugehöriger versteckter Kommunikation helfe KI: „Diese Aufrufe sind oft wenige Bytes, versteckt im gesamten Datenstrom, der das Unternehmensnetz verlässt“, so Vectra-Mann Hendrickx. „KI-gestützte Sicherheitssoftware kann fast so gut wie ein Mensch nach solchen Ähnlichkeiten suchen, ohne dass man exakt wissen muss, wie das Ergebnis aussieht – und das wesentlich schneller, ohne Unterbrechung.“

Das Beispiel veranschaulicht, warum so viele Anbieter und Anwenderunternehmen auf KI und ML bauen. „Künstliche Intelligenz ist im Business angekommen“, fasst Niels Pothmann von Arvato Systems die Lage zusammen. „Immer mehr Unternehmen entdecken die Vorteile der künstlichen Intelligenz, was die Effizienz von Prozessen und wiederkehrenden Aufgaben betrifft.“ Er warnt aber: „Was viele dabei vergessen: Überführt man KI-Services in den Produktivbetrieb, sind neben der technischen Überwachung auch bedarfsgerechte Anpassungen Pflicht. Und das nicht nur einmal, sondern über den kompletten Lebenszyklus einer Anwendung hinweg.“ Um böse Überraschungen zu vermeiden, seien deshalb professionelle Managed AI Services unverzichtbar.

Angesichts solcher Hürden lohnt es, eines nicht aus den Augen zu verlieren: Automatisierung muss nicht unbedingt KI-basiert sein. Ein Beispiel nennt dynaMigs.net-Chef Mathias Weidmann: „Migrationen bestehen aus vielen zeitaufwendigen und komplexen Arbeitsschritten. Migrationsexperten können mit vorhandenen Basisdaten im besten Fall sogar die gesamte Prozesskette automatisieren, inklusive komplexer Vorgänge wie etwa des Change-Managements.“ Dies verkürze die Projektdauer und steigere die Qualität.

Ein ähnlich schönes Happy End hatte übrigens auch König Midas’ Innovationsprojekt: Er bat Dionysos, den Zauber zurückzunehmen, und dieser riet ihm, sich im Fluss Paktolos davon reinzuwaschen – der Sage nach der Grund dafür, dass dieser Fluss ein goldreiches Gewässer wurde. Es bleibt zu hoffen, dass heutige KI/ML-Entwickler in ihrem Bestreben, Daten in Gold zu verwandeln, mit allen Wassern gewaschen sind – damit nicht doch mal ein Flaschengeist ausbüchst und sich die künstliche Intelligenz als König-Midas’sche erweist.

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