Interview mit Futurice

Warum große Unternehmen an der digitalen Innovation scheitern

31. Juli 2018, 13:40 Uhr | Axel Pomper
© alphaspirit - 123RF

Innovation lässt sich weder "von oben" anordnen noch durch das Imitieren von Start-ups ins Haus holen. Diese Erfahrung machen derzeit viele Unternehmen. Doch auch sie können die Herausforderungen der Digitalisierung bewältigen, wenn sie zentrale Elemente auf den Prüfstand stellen.

Gian Casanova ist Managing Director bei der Digitalberatung Futurice.
Gian Casanova ist Managing Director bei der Digitalberatung Futurice.
© Futurice

funkschau: Unternehmen müssen heute flexibler und schneller sein. Doch in der Praxis scheiten viele Versuche innovativer zu werden. Welche Gründe hat das?

Gian Casanova: Speziell große Unternehmen konzentrieren sich auf das Optimieren des Bestehenden, weniger auf eine Neuausrichtung. Das heißt, sie verbessern oder digitalisieren bestehende Geschäftsmodelle und investieren viel Mühe in die Auswahl neuer Technologien. Doch sie machen sich zu wenige Gedanken darüber, wie sie ihr Business-Modell ausrichten müssen, um langfristig erfolgreich zu sein.

Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Etablierte Unternehmen sehen sich mit neuen Wettbewerbern konfrontiert. Diese stammen oft aus anderen Branchen, sind bestens mit Risikokapital ausgestattet und weisen enorme Wachstumsraten auf. Weitere Merkmale sind eine hohe Affinität zu IT-Technologien und eine starke Ausrichtung auf die Anforderungen von Kunden.

funkschau: Was tun etablierte Unternehmen, um mit diesen neuen Konkurrenten mitzuhalten?

Casanova: Die meisten Unternehmen haben die Gefahr erkannt und führen Methoden wie Design Thinking, Lean Startup und eine agile Softwareentwicklung ein. Dadurch wollen sie eine Innovationskultur etablieren. Weitere Maßnahmen sind Partnerschaften mit Start-ups, etwa in Form von Inkubatoren oder Digital Hubs. Außerdem bündeln etliche Firmen digitale Kompetenzen in separaten Abteilungen. Diese Maßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung. Sie reichen jedoch nicht aus, um die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens zu sichern.

funkschau: Weshalb genügt es nicht, solche Methoden einzusetzen?

Casanova: Die meisten dieser Ansätze wurden für Start-ups entwickelt. Doch die haben ganze andere Anforderungen. Großfirmen müssen beispielsweise wesentlich mehr investieren, um ihre eigenen Strukturen zu modifizieren. Außerdem haben sie einen höheren finanziellen Druck, etwa wegen des großen Personalbestands. Ein reines Kopieren der Start-up-Welt funktioniert daher nicht.

funkschau: Gibt es weitere Faktoren, die zum Scheitern von Innovations-Initiativen beitragen?

Casanova: Ein klassischer Fehler ist, dass die strategischen Ziele und die Erwartungen an die Innovationsmethoden nicht genügend abgestimmt werden. So lagern Führungskräfte die Rolle des 'Change Maker' aus und beteiligen sich nicht an Veränderungsprozessen. Wenn aber die Geschäftsführung nicht hinter dem Wandel steht, lässt er sich nicht umsetzen.

Erfolgversprechende Ideen scheitern daher meist an längst bekannten Problemen, etwa einem zu langsamen Agieren und der mangelnden Flexibilität der Struktur. Hinzu kommt der fehlende Veränderungswille. Digitale Innovation einfach auszulagern, ist somit kein erfolgversprechendes Modell.

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