Vom Frühjahr auf den Herbst verschiebt HP die Messe Reinvent in Anaheim/Kalifornien. Im besten Fall lösen sich bis dahin zwei Sorgen in Wohlgefallen auf: eine medizinische und eine überlebenskritische für HP und seinen Channel.
Die vom 24. bis 26. März geplante HP Reinvent im kalifornischen Anaheim findet nicht statt. HP hat die Partner über die Absage seiner wichtigsten Partnerkonferenz informiert. Der Hersteller verweist auf Angaben der Weltgesundheitsorganisation, wonach die »Dynamik des Coronavirus« weiter zu und nicht abnehme, »mit weitreichenden Auswirkungen in mehreren Ländern und Märkten.«
»Wir müssen das Wohlergehen unserer Mitarbeiter, unserer Partner und ihrer Familien über alles andere stellen, da dies unsere oberste Priorität ist«, bittet HP um Verständnis. Die Anmeldegebühr werde vollständig erstattet, die hinterlegte Kreditkarte für reservierte Hotelbuchungen würde nicht belastet, heißt er in einer E-Mail an HP-Partner.
Man hoffe, die Reinvent im kommenden Frühherbst stattfinden zu lassen. Das setzt natürlich voraus, dass sich die Coronavirus-Infektion nicht weiter ausbreitet, beziehungsweise nicht zu einer globalen Pandemie auswächst. HP hat ein weltweites Netz an Partnern, die aus allen Kontinenten zur Reinvent kommen. Ein etwaiger Ausschluss von Partnern aus besonders vom Coronavirus betroffenen Ländern wäre wohl aus medizinischer Sicht wirkungslos. In jedem Fall würde eine solche Maßnahme auf Unverständnis im HP-Channel treffen, versteht HP doch sein Partnernetzwerk als Gemeinschaft von sehr hohem Wert für den Erfolg des Herstellers. »Sie sind der Lebensnerv von HP«, so der Hersteller an seine Partner.
»Es ist eine großartige Zeit, ein HP Partner zu sein - unsere Ergebnisse für das erste Quartal und unsere finanziellen Ziele für drei Jahre zeigen, dass unsere Strategie funktioniert«, heißt es weiter in der E-Mail.
Und HP schiebt nicht ohne Grund eine weitere Lobeshymne auf seine Vertriebspartner nach, die so gar nichts zu tun hat mit der Verschiebung der Reinvent und den jetzt schon spürbaren Beeinträchtigungen der Wirtschaft durch die Coronavirus-Gefahr. »Jeder von Ihnen trägt dazu bei, unser Unternehmen voranzubringen. Die Welt kann die Ergebnisse, die wir gemeinsam erzielen, klar erkennen. Unsere Leistung zeigt ein Team auf einer Mission, das sich Quartal für Quartal verbessert«.
Xerox gefährlicher als Pandemie
Diese »Mission« sieht HP als sehr gefährdet an, sollte der PC-und Druckerhersteller unter die Räder der feindlichen Übernahme durch den wesentlich kleineren Xerox-Konzern kommen. HPs CEO Enrique Lores lässt es an Deutlichkeit nicht fehlen, was er vom Deal hält: »HP ist weltweit führend bei PCs wie bei Printern. Xerox ist bei Personal Systems gar nicht vertreten und hat bei Print keine annähernd so starke Stellung wie HP«, sagte er vor wenigen Tagen in einem Analysten-Call. HP sei Technologieführer, Xerox dagegen besitze seit dem Ausstieg aus dem Fuji-Xerox-Joint-Venture weder eine langfristige Technologie noch eine Supply-Roadmap.
Ein Grund für HPs erbitterte Abwehrversuche der Übernahme seien vor allem die negativen Folgen für HP-Partner. Xerox sei historisch stets eine Direktvertriebsorganisation gewesen. Wie das Vertriebskanalmodell funktioniere, da befindet sich Xerox erst im Anfangsstadium.
Überspitzt könnte man Lores derzeitige Ängste so formulieren: Das Coronavirus, so sehr es Menschenleben gefährde sowie das HP-Geschäft und die Weltwirtschaft lähme, kann und wird erfolgreich bekämpft werden. Dauerhafte Zerstörung von HP und seinem Channel dagegen würde es bedeuten, wenn Xerox den PC-und Druckerhersteller kauft, sollte sich der umstrittene US-Investor Carl Icahn mit der von ihm betriebenen feindlichen Übernahme durchsetzen.
Kommenden Herbst auf der Reinvent könnte HP-Chef Lores im Kreise seiner weltweiten Partner-Community beides feiern: Den Sieg über die Pandemie und eine gewonnene Übernahmeschlacht.