Dass Firmen, zum Teil langjährige Konkurrenten, „sich zusammensetzen und gemeinsam eruieren, wie man die technologische Entwicklung und Digitalisierung gemeinsam nutzen kann, um den Markt zu gestalten, das ist ein enorm starker Trend“, ist Alexander Janthur, CEO der Berliner Technologie-Agentur Turbine Kreuzberg, überzeugt. Er beobachtet diese Entwicklung der „kooperativen Geschäftsmodellen“ bereits seit ein paar Jahren. Getrieben sei man vor allem deshalb, da starke branchenfremde, digitale Akteure in neuen Bereichen Fuß fassen möchten. Prominentes Beispiel ist Amazon mit seiner Supermarktkette „Amazon Go“. Ziel vieler Kooperationspartner sei es daher, einen Schritt voraus zu sein. Die Produktstärke hätten bereits viele – nun müsse noch der direkte Kundenzugang sichergestellt werden. Deshalb entwickle man digitale Mehrwerte, um die Wertschöpfung zu erweitern. Ein Beispiel dafür ist das Joint Venture Kollex, das die Entwicklung einer Digital-Plattform für den Getränkefachgroßhandel vorantreiben will. Es setzt sich unter anderem aus den Firmen Coca-Cola, Krombacher und Bitburger zusammen. „Und die Handelsschicht dazwischen, egal ob B2C oder B2B, wird sich neu definieren und wird zum Teil auch in zehn Jahren komplett anders aussehen“, prognostiziert der Turbine Kreuzberg-CEO. „Also produzierende Unternehmen – gerade jene, die jetzt schon den weltweiten Marktzugang haben – werden für mich die neuen Key-Akteure im Bereich Digitalisierung sein.“ (DK)
Seit Jahren und Jahrzehnten gelten ethische Aspekte als eine der größten Herausforderungen für den umfassenden Einsatz und die Weiterentwicklung von Künstlichen Intelligenzen. Trotz zahlreicher plastischer Negativbeispiele hat sich der Diskurs aber kaum über theoretische Geplänkel und punktuelle Absichtsbekundungen hinausbewegt – bis jetzt. Denn zuletzt haben unter anderem EU und Großbritannien ganz konkrete Regularien auf den Weg gebracht und somit einen Rechtsrahmen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz geschaffen. So will die Politik nicht nur Risiken minimieren, sondern vor allem auch Unternehmen Sicherheit geben sowie unter Endanwendern Vertrauen schaffen. „KI ist kein Ziel für sich, sondern ein Mittel, das schon seit Jahrzehnten eingesetzt wird. Aber mit der heutigen Rechenleistung hat sie nun ganz neue Fähigkeiten“, erklärte EU-Kommissar Thierry Breton. Das berge riesiges Potenzial, aber auch eine Reihe von Risiken. Die Verordnung der EU solle daher sicherstellen, „dass die KI in Europa unsere Werte und Regeln wahrt“. Sie verbietet etwa Systeme, die eine direkte Gefahr für Leben und Gesundheit sowie die Rechte der Menschen darstellen, aber beispielsweise auch Bewertungswerkzeuge für soziales Verhalten (Social Scoring). Oliver Rozić von Sage erklärt zudem mit Blick auf die Verantwortung der Wirtschaft, dass es künftig nicht mehr genüge, „KI blindlings im Sinne der eigenen unternehmerischen Ziele zu nutzen.“ Sie könne künftig auch nicht mehr nur unter rein funktionalen Gesichtspunkten, etwa mit Blick auf Prozessverbesserung oder Automatisierung gesehen werden. „Vielmehr wird diese Technologie zunehmend auch in ein direktes Verhältnis zu den Stakeholdern, denen sie eigentlich dienen soll, gesetzt. In diesem Zusammenhang geht es dann auch um Fragen der Fairness, der Gerechtigkeit im Wettbewerb und der Transparenz gegenüber Kontrollbehörden.“
Es sind also nicht nur politische Vorgaben gefordert, sondern vor allem auch Technologieunternehmen, KI-Systeme mit der größtmöglichen Transparenz zu entwickeln. Doch längst hat sich hinsichtlich der Praktik so mancher Anbieter, nur oberflächliche oder vorgeschobene Ethikrichtlinien zu veröffentlichen, gar der Begriff des „Ethics Washing“ etabliert. Ohne starke staatliche Regularien wird ein umfassender ethischer Einsatz daher kaum möglich sein – wider die Stimmen, die dadurch Nachteile im Wettbewerb befürchten. Doch unter anderem laut dem „Ethik-Briefing“ der Plattform Lernende Systeme zeigt sich der Wunsch nach global verbindlichen Regeln immer deutlicher. So sei es für den Einsatz in manchen Szenarien schlicht notwendig, dass einheitliche Standards durch die Politik geschaffen werden. Das Jahr 2022 dürfte auf diesem Weg entscheidende Meilensteine passieren. (STA)
Absage an die Cloud? War das Verhältnis zwischen Unternehmen und Cloud Computing vor allem in Deutschland lange Zeit von Sorgen, Befürchtungen und Zurückhaltung geprägt, haben spätestens die Anforderungen der Corona-Pandemie der Wirtschaft einen letzten Schubs gegeben. Verschiedene Untersuchungen zeigen: Die Cloud gehört mittlerweile auch hierzulande zum betrieblichen Alltag, mittlerweile setzen laut KMPG 82 Prozent der deutschen Unternehmen auf entsprechende Anwendungen. Vor rund fünf Jahren lag dieser Anteil mit 65 Prozent hingegen noch deutlich niedriger. „Der Einsatz von Cloud-Computing macht aus einem Unternehmen nicht automatisch ein digitales Unternehmen“, stellt Lukas Gentemann von Bitkom Research zwar fest. Cloud-Lösungen könnten aber den Digitalisierungsprozess in den Unternehmen vorantreiben – auf allen Ebenen. Die gewachsene Bedeutung des Cloud-Computing sei laut Gentemann aber sicherlich auch ein Corona-Effekt. „In den Unternehmen, die Cloud-Computing nutzen, hat sich in der Pandemie gezeigt, dass die Cloud eine Kerntechnologie der Digitalisierung ist.“
Doch wie gestaltet sich die Cloud-Landschaft m Detail? Experten sind sich sicher: Die Bindung an einen Anbieter wird unbeliebter, stattdessen haben längst Multi- und Hybrid-Cloud-Konzepte ihren Siegeszug angetreten. Sie vereinen verschiedene Bereitstellungsmodelle wie Private- und Public-Cloud-Anwendungen, virtuelle und physische Infrastrukturen sowie nicht zuletzt die Dienste mehrerer Provider. Sprich: Es zählen Individualität und Best-of-Breed-Strategien – auch wenn diese aufgrund des Dominanzgebarens so manches Cloud-Riesen noch vor bedeutenden Herausforderungen stehen. Best of Breed, also eine bestmögliche Lösung für die eigenen, individuellen Anforderungen: Für Unternehmen schafft dieser Ansatz wesentliche Vorteile im Vergleich zu etwaiger Cloud-Stangenware – gleichzeitig aber auch neue Hürden. Immerhin steigt die Komplexität in Hinblick auf die Orchestrierung der verschiedenen Anwendungen enorm. Daher sieht auch Peter Schmidt, Director Business Development bei Syntax, einen der wichtigsten Trends für das noch junge Jahr darin, Steuerungs- und Kontrollmechanismen für die Multi Cloud zu schaffen, um den „Flickenteppich“ über alle Instanzen hinweg managen zu können. Seien es Public- und Private-Cloud-Umgebungen, klassische On-Premises-Datacenter oder gar Edge-Infrastrukturen. (STA)