Der IT-Verbund Uelzen betreut 69 Verwaltungen im öffentlichen Bereich. Bei seiner Gründung in 2010 hatte jeder Standort seine eigene Telefonanlage; Hardware, die vor Ort installiert war und individuell betreut werden musste. Mittlerweile setzt der IT-Verbund auf eine Cloud-Lösung. Ein Interview.
funkschau: Herr Hense, was waren ursprünglich die Gründe dafür, die IT-Infrastrukturen im Verbund zu überdenken?
Andreas Hense: Mit Gründung des IT-Verbunds haben wir sechs vorhandene Domänen in Form einzelner, unterschiedlich alter und unterschiedlich strukturierter kleiner Rechenzentren zum nahtlosen Weiterbetrieb übergeben bekommen. Diese autark weiter zu betreiben, ließ kein Synergiepotenzial erkennen. Eine Verbindung der unterschiedlichen Infrastrukturen ebenso wenig. Betriebsstörungen durch Inkompatibilitäten der System-Versionen und Schnittstellenveränderungen wären sehr Ressourcen-zehrend gewesen und die Betriebsstabilität hätte nicht gewährleistet werden können. Bei den Telefonsystemen waren alte und junge Systeme vorhanden, analoge Lösungen, ISDN-Lösungen und eine selbst betriebene VoIP-Lösung, welche jedoch wartungsintensiv und instabil war. Das Personal zum Betrieb einer VoIP-Lösung war nicht ausreichend vorhanden und auch nicht umfassend ausgebildet. Es war klar, dass für alle Kunden eine einzige, gleichartige Telefonie-Lösung Synergiepotenzial bietet. Um nicht sowieso schon knappes Fachpersonal weiter zu belasten und bereits vorhandene Netze zu nutzen, haben wir uns für eine Cloud-Lösung von Nfon entschieden.
funkschau: Welche speziellen Herausforderungen gibt es bei IT-Infrastrukturen für den öffentlichen Sektor?
Hense: Der öffentliche Sektor ist durch eine Vielzahl von Fachanwendungen in der IT geprägt. Bei uns sind es über 200; kleinere Lösungen wie zum Beispiel MS Exchange (Outlook) nicht mitgezählt. Es werden kaum Eigenentwicklungen eingesetzt und unterschiedliche Kauflösungen erfordern eine flexible IT-Infrastruktur. Hinzu kommt, dass IT einen wesentlichen Faktor bei der Modernisierung des Verwaltungshandelns darstellt. Eine der technischen Herausforderungen bei der Konsolidierung alter und der Migration auf moderne IT-Infrastrukturen stellt der unterbrechungsfreie Betrieb dar. Personell müssen insbesondere die Nutzer in die Lage versetzt werden, möglichst vorbehaltslos mit den neuen Oberflächen und Funktionen umzugehen. Hinzu kommt, dass eine sehr große Anzahl von Nutzern gleichzeitig im Umgang mit zum Beispiel einer neuen Office-Version ausgebildet werden müssen. Bei aller Innovationsfreude aus technischer Sicht gilt es zu beachten, dass es für alle Neuerungen einen Landeplatz gibt - ich meine damit, dass die Nutzer nicht mit Neuerungen überfordert werden dürfen. Vielfach sind auch umfangreiche Änderungen in der Ablauforganisation bei den Behörden erforderlich. Alles muss gut aufeinander abgestimmt sein. Auf Veränderungen reagieren die Menschen zuerst emotional und nicht rational. Zu Beginn wird insbesondere bei Cloud-Lösungen kritisch provoziert. Um dem zu begegnen, ist Aufklärung im Rahmen eines Change-Management-Prozesses wichtig.
funkschau: Was macht eine moderne Kommunikation aus? Was ist anders als noch vor ein paar Jahren?
Hense: Es hat sich zwischenzeitlich fast so etwas wie eine neue Kultur entwickelt: Es gehört zum guten Ton, dass verpasste Anrufe zurückgerufen werden. Bei Nichterreichbarkeit beziehungsweise Abwesenheit ist es selbstverständlich geworden, eine Umleitung auf das Mobiltelefon einzurichten, Voice-Boxen zu aktivieren oder Funktionen von Warteschleifen zu nutzen. Damit kann die Erwartungshaltung durch die Bürger, dass eine Behörde gut erreichbar sein muss, erfüllt werden. Das Wechseln der Arbeitsplätze wird durch Mitnahme der Nebenstellennummer bei stationären Geräten gefördert. Gleichzeitig kann bei Teilzeitbeschäftigten der Schreibtisch auch durch unterschiedliche Fachbereichsmitarbeiter genutzt werden - Desksharing. Der Aufwand bei Umzügen in andere Büroräume ist mit wesentlich kürzeren Fristen möglich. Und in den Kalendern findet man wesentlich häufiger den Eintrag Telko, also Telefonkonferenz, als früher.