Vor dem Internet galt ein Schaufenster in bester Innenstadt-Lage als aussichtsreichste Möglichkeit, den Kunden zu begeistern. Heute trägt er den Ort der möglichen Begegnung immer ganz nahe am Herzen – mit seinem Smartphone. Was Unternehmen beachten sollten, wenn sie eine App entwickeln und testen.
Die Herzen der Kunden kann man theoretisch jedes Mal dann erobern, wenn sie auf ihr Smartphone schauen. Und das ist oft der Fall: 80 Mal am Tag oder umgerechnet alle zwölf Minuten checken Nutzer ihr Smartphone, so eine Studie der Universität Bonn. Die entscheidende Schnittstelle zwischen Konsument und Gerät ist dabei die App – ihre Performance und ihr Erlebnispotenzial sind ausschlaggebend, möchte eine Marke ihre Bestlage in Herzensnähe behalten. Und das zahlt sich aus: App Annie hat eine Prognose über mobile Apps aufgestellt und sagt voraus, dass mobile Apps bis 2020 allein mit Downloadgebühren mehr als 101 Milliarden US-Dollar erzielen werden – und das bei mehr als 284 Milliarden Downloads insgesamt.
Die Zahlen klingen so verlockend, dass man annehmen könnte, jedes Unternehmen sollte schnellstmöglich eine App auf den Markt bringen – sofern noch nicht geschehen. Doch ganz so einfach ist es leider nicht. Apps werden immer mehr Teil des Alltags, und deshalb erwarten die Nutzer eine immer höhere Qualität. Das gilt besonders für Marken, die gezielt junge Menschen ansprechen: Die begehrte Zielgruppe der Millennials, in Deutschland noch besser unter Generation Y bekannt, ist mit ebendieser Technologie aufgewachsen. Für diese Zielgruppe geht ohne Smartphone nichts mehr. Mehr als die Hälfte der Generation Y lernt neue Marken über den App Store kennen. Gleichzeitig geben viele Nutzer aller Altersklassen einer App nur eine einzige Chance. 71 Prozent löschen eine App, wenn sie abstürzt oder anderweitig versagt. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig es für Unternehmen ist, nicht nur irgendeine, sondern eine richtig gute App auf dem Markt zu haben.
Unternehmen sollten zwei Dinge beherzigen, wenn sie eine App entwickeln und testen: Erstens muss man sicherstellen, dass sie unter allen Umständen richtig läuft. Zweitens darf die App nicht einfach nur das Nutzererlebnis des Internetauftritts widerspiegeln, sondern muss dieses erkennbar besser gestalten.
Wenn einen die App im Regen stehen lässt
Ein Beispiel, wie wichtig funktionierende Apps sind: Ein Trekking-Ausstatter, der bereits viele Produkte im Netz bei Amazon und Co. verkauft hat, möchte eine eigene App mit einem Wander-Guide auf den Markt bringen. Dabei muss er allerdings einiges beachten. Eine der Wanderkarten auf der App ist zum Beispiel auf eine Wanderung durch die Alpen ausgelegt. Sie umfasst Unterkünfte, Highlights und gefährliche Stellen auf dem Weg. Die App wurde auch bereits grundlegend getestet: Es wurden Funktionstests für das iPhone, die beliebtesten Android-Smartphones und auch für eher seltener verwendete Geräte, wie Windows und One Plus durchgeführt. Die Tests verlaufen alle positiv, woraufhin die App veröffentlicht wird. Der Trekking-Ausstatter ist sich sicher, an alles gedacht zu haben. Bis zu dem Moment als ihn das negative Feedback einiger Nutzer erreichte, die beim Wandern durch die Alpen zu sehr seiner App vertraut haben. Denn obwohl das Smartphone Geolokalisierung nutzt, konnte die App nicht mehr auf die Informationen zugreifen, sobald das Mobilfunknetz schwächelte. Die Nutzer fühlten sich von der App im Stich gelassen. Hätte die App die Information für die geplante Wanderung lokal gespeichert, hätte der Kunde eine gute Nutzer-Erfahrung haben können. Viele User hatten sich auf die App verlassen und haben sich daraufhin in den Alpen verlaufen – ein sehr unangenehmes Nutzer-Erlebnis, das so schnell nicht vergessen wird. Der Hersteller hatte vergessen, die App für den Outdoor-Einsatz zu testen.