Ein interessanter Vortragstitel, der Kennern des Sci-Fi-Autors Philip K. Dick durchaus bekannt vorkommen dürfte. Ein Interview mit Iain Preston vom Innovationsspezialisten R/GA London, über die Inhalte seines Vortrags, den er Ende Juli auf der Tech-Konferenz DAHO.AM in München gehalten hat.
Lieber Iain, kannst du uns bitte erzählen, wie du auf deinen Vortragstitel gekommen bist?
Iain Preston: Das ist eine Variation auf den Titel des Buchs „Do Androids Dream of Electric Sheep“ (dt. Träumen Androiden von elektrischen Schafen) von Philip K. Dick, das als Vorlage für den Film Blade Runner diente. Ich habe mich darauf bezogen, weil eines seiner Kernthemen Empathie ist. In der Erzählung entwickeln die Maschinen empathische Beziehungen mit Menschen und sogar untereinander. Mich fasziniert dieser Gedanke, dass Technologie zu emotionalen Antworten führen kann. Und ich glaube, dass es heute so etwas bereits gibt.
In welchem Umfang beeinflussen Technologien, die auf KI und maschinellem Lernen basieren, deiner Meinung nach bereits heute die Kultur und das menschliche Verhalten?
Preston: Ich denke, das geschieht bereits in viel größerem Maße, als uns bewusst ist, denn nur selten trifft man auf tatsächliche Beweise. Nehmen wir zum Beispiel die Google Suchfunktion: Sie hat sich in einer so kurzen Zeit etabliert, dass „googeln“ ein gebräuchliches Verb geworden ist. In seinem Kern ist die Google Suche ein Machine-Learning-Algorithmus, den wir so in unser Leben integriert haben, dass er unsere Sprache verändert hat. Das gleiche gilt für Alexa, Siri und den Google Assistant im Bereich der Sprachsteuerung. Zum Beispiel ist die Persönlichkeit von Alexa bei den Menschen so gut angekommen, dass 88 Prozent der Eltern davon berichten, wie viel Spaß ihre Kinder mit Alexa haben. So ist sie zu einem Teil des täglichen Familienlebens geworden, wie der Fernseher ein paar Generationen zuvor.
Mal anders betrachtet: Kann ein Chatbot überhaupt eine Marke angemessen repräsentieren, wenn er nicht menschlich und emotional interagiert?
Preston: Ich behaupte, dass ein Chatbot nur dann effektiv sein kann, wenn eine Marke mit seiner Erstellung die richtigen Ziele verfolgt. Beim Vergleich von „guten“ und „schlechten“ Bots springen immer die gleichen Merkmale deutlich hervor. Manche Marken meinen nämlich, dass der Chatbot in erster Linie für ihre eigenen Zwecke da ist. Diese Haltung führt beim Nutzer jedoch zu Unzufriedenheit und Ablehnung. Denn ein Bot dient vor allem als Service für die Person, die ihn verwendet. Deshalb geht es zu allererst darum, sich auf das Erlebnis der Nutzer zu konzentrieren, ihre Wünsche und Ziele zu entdecken sowie die Interaktionen, die sie gerne ausführen möchten. Das Ergebnis ist ein Erlebnis, das sogar andere Kommunikationskanäle übertreffen kann.
Also kann der Chatbot sich auch positiv auf die Marke auswirken?
Preston: Er bietet die Möglichkeit, ein Profil zu erschaffen. Es erfordert nämlich eine Menge Geschick, eine Chatbot Experience zu gestalten, die witzig ist, klare Antworten beziehungsweise brauchbare Anweisungen liefert oder proaktiv eingreift. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Facebook Messenger: Er antizipiert Aktionen wie zum Beispiel die Planung eines Events. Und ist dabei viel beständiger und besser verfügbar als sein menschliches Äquivalent. Denn Menschen sind genau das: menschlich. Und damit anfällig für Müdigkeit, Reizbarkeit und Krankheit. „Gute“ Bots haben dieses Problem nicht und können dem Nutzer im richtigen Kontext besser dienen.