"Sie rufen außerhalb der Geschäftszeiten an" – dieser Satz könnte bald der Vergangenheit angehören. Denn Chatbots können auch am Wochenende zumindest einfachere Anfragen entgegennehmen. Den Trend zur Automation in puncto Customer Experience erläutert Christian Klein von Dimension Data.
Kundenerfahrungen (Customer Experience, kurz: CX) werden zunehmend von Maschinen geprägt, beispielsweise bei der Kommunikation. Dabei ist der Mensch der künstlichen Intelligenz (KI) natürlich immer noch überlegen – und wird es auch im Jahr 2019 bleiben. Doch die Entwicklungen schreiten rasant fort. Wer einmal das eindrückliche Video aus diesem Jahr gesehen hat, in dem Googles KI Duplex telefonisch einen Friseurtermin bucht und dabei durch clever eingebaute Unterbrechungen wie ein „hmm“ zutiefst menschlich wirkt, wird dem zustimmen. Auch wenn die heute in der Praxis eingesetzten Systeme noch weitaus rudimentärer sind, kann uns KI schon heute in der Kundenkommunikation unterstützen.
Ein Chat-Bot ist niemals müde
Ein gutes Beispiel hierfür sind Chat-Bots, die mittlerweile für zahlreiche Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Facebook Messenger verfügbar sind und auch 2019 immer mehr Verbreitung finden werden. Ihr Einsatz ist gleich aus mehreren Gründen sinnvoll: Zum einen erweitern sie das Portfolio im Omni-Channel-Marketing. Kanäle, die bisher nicht bespielt werden konnten, werden damit nutzbar. So wird beispielsweise das Ideal der ständigen Erreichbarkeit Realität, da es dafür keine ganze Abteilung von menschlichen Mitarbeitern mehr braucht. Für die Customer Experience (CX) ist es ein nicht zu unterschätzender Gewinn, zumindest einfache An- und Abfragen auch am Wochenende sowie spätabends oder gar nachts durchführen zu können.
Hinzu kommt: Die Messenger und Social Networks sind (virtuelle) Orte, an denen sich potenzielle Kunden ohnehin aufhalten, da sich dort ihr soziales Leben – zumindest teilweise – abspielt. Unternehmen werden durch Chatbots in die Lage versetzt, ihre Zielgruppen im gesamten Verlauf der Customer Journey genau dort zu treffen und abzuholen.
Künstliche Intelligenz bleibt immer freundlich
In diesem Zusammenhang werden sprachgesteuerte Systeme im kommenden Jahr ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Besonders im First-Level-Support können auf Sprache reagierende Bots zu einer besseren Erreichbarkeit und schnelleren Problemlösung beitragen. Als goldener Weg wird sich dabei der parallele Einsatz von menschlichen und nicht-menschlichen Kundenbetreuern erweisen. Denn so können Bots von ihren menschlichen Vorbildern lernen und sich verbessern. Der Trend geht dahin, dass beide harmonisch zusammenarbeiten und dem Kunden eine verbesserte und doch einheitliche Erfahrung bieten.
Die Lernfähigkeit der KI wird auch für einen weiteren Zweck im Jahr 2019 zunehmend zum Einsatz kommen: das Kennenlernen der eigenen Kunden. Denn Kunden möchten heutzutage nicht mehr als Teil einer vermeintlich homogenen Masse angesprochen werden, sondern persönlich. Folglich werden vor allem die Unternehmen erfolgreich sein, die ihre Kunden als Individuum wertschätzen, seine Präferenzen kennen und bestenfalls schon wissen, was er benötigen könnte, bevor der Kunde es selbst weiß. Es gilt proaktiv Vorschläge zu unterbreiten und Interaktionen zu personalisieren. Dafür benötigen Unternehmen vor allem eins: Wissen über ihre Kunden, generiert aus Daten.
Daten sind nur wertvoll, wenn man sie nutzen kann
In vielen Unternehmen liegen die dafür notwendigen Daten heute schon vor – doch sie werden nicht genutzt. Zwar wurde vielerorts bereits damit begonnen, Daten zu sammeln. Was man am Ende damit tun sollte, wusste zunächst kaum jemand. Doch nun sind die Technologien ausgereift, mit denen Unternehmen in den kommenden Jahren aus ihren Datensammlungen endlich schlau werden. Sie heißen maschinelles Lernen und robotergesteuerte Prozessautomatisierung.
Für die CX-Abteilungen bedeutet diese Entwicklung für 2019 und darüber hinaus vor allem eins: Sie müssen sich mit dem klugen Management von Daten auseinandersetzen. Denn es werden mehr Daten als je zuvor erhoben, gespeichert, kuratiert, aggregiert und analysiert. Gleichzeitig hat die Europäische Datenschutzgrundverordnung verbindliche Richtlinien zum Datenschutz und zur Löschung geschaffen. Daher gilt es, nicht nur Daten zu verstehen, sondern auch personenbezogene Daten effektiv zu schützen, damit sie nicht in falsche Hände geraten. Zudem müssen Mindestverweildauern eingehalten und Löschfristen gewahrt werden. Kurzum: Unternehmen brauchen heute mehr denn je Datenspezialisten, um ihren Kunden das Erlebnis zu ermöglichen, das sie erwarten. Doch nur diejenigen, die mehr Automation wagen, werden ihre Kunden und sich selbst 2019 und darüber hinaus glücklich machen können.
Christian Klein ist Senior Manager Customer Experience (CX) bei Dimension Data in Deutschland