Interview mit Cortado

Sind wir bereit für digitale Souveränität mehr zu bezahlen?

13. August 2025, 13:40 Uhr | Interview: Sabine Narloch

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Gibt es zu Android und iOS überhaupt Alternativen?

connect professional: Was gibt es nun für Alternativen zu Android und iOS?
Rödiger: Bleiben wir beim Fairphone – dort gibt es zum Beispiel eine enge Kooperation mit Murena /e/OS. Das ist ein französisches Unternehmen, das mit der Open Source-Lösung /e/OS ein Google-freies Android anbietet. Ein solches Betriebssystem ist die Grundvoraussetzung, um ein Smartphone oder ein Tablet unabhängig von Google zu nutzen. Seitens der Werkseinstellungen sind da dann keine Google-Dienste drauf.

connect professional: Kein Google bedeutet dann aber auch, nicht mal eben in den Google Play Store zu klicken und sich eine App herunterzuladen – wie läuft das dann mit Murena?
Rödiger: Während ich bei einem Google Gerät einfach auf das Plus gehe und jede App im Play Store auswählen und hinzufügen kann, läuft das mit Murena etwas anders. Jede sinnvolle Applikation, die es aus dem Business-Kontext gibt, kann auch als APK-Datei angefordert und verteilt werden, unabhängig von Google Services. Das Dateiformat APK steht für Android Package, eine APK-Datei enthält alle Komponenten einer App, um sie auf einem Android-System zu installieren. Es läuft somit ein bisschen anders als über den Play Store, weil man diese APKs erst einmal runter und wieder hochladen muss. Aber man bekommt sie trotzdem auf das Endgerät verteilt und zentral ausgerollt mit Hilfe einer MDM-Lösung wie der von Cortado.

connect professional: Und wenn man wiederum doch Google-Dienste nutzen möchte?
Rödiger: Dann kann man die dazuschalten – das muss man aber tatsächlich bewusst machen.

connect professional: APK-Datei oder Google-App erst herunterladen, statt schon alles installiert zu haben – das ist möglicherweise manch einem zu umständlich, kompliziert, zu viel Zeitaufwand. Welche Rolle spielt da der Faktor Mensch?
Rödiger: Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Wenn es um das Thema digitale Souveränität geht, darf man nicht erwarten, dass es ohne Abstriche und von heute auf morgen funktioniert. Aus meiner Sicht ist es auch besser, das Stück für Stück anzugehen, als komplett alles auf einmal umzustellen. Wenn man Excel, Google, Word künftig nicht mehr nutzen möchte und stattdessen komplett auf Open Source umsteigen will, wird das nicht mit einem harten Cut funktionieren. Aber wenn man immer Stück für Stück ein System nach dem anderen austauscht, dann hat man Zeit, sich daran zu gewöhnen.

connect professional: Und so sollte man auch bei Smartphones und Tablets vorgehen?
Rödiger: Genau. Wenn man dann aber Dienste, die in den großen Tech-Konzernen über Jahre aufgebaut und perfektioniert wurden, nicht mehr zur Verfügung hat, wird man in der Anfangszeit der digitalen Souveränität erst einmal mit Abstrichen leben müssen. Mit der Zeit erkennt man aber dann, dass der Unterschied gar nicht so groß ist und auch Open Source-Lösungen sehr gut funktionieren.

connect professional: Wie ist das mit den Kosten von europäischen Lösungen?Rödiger: Wenn in Europa produziert wird und Rechenzentren in Europa stehen, müssen Mindestlöhne gezahlt werden und Standards sowie Gesetze eingehalten werden. Das wirkt sich natürlich auf den Preis aus. Es ist letztlich eine grundsätzliche Frage, ob man bereit ist, für die Souveränität zu bezahlen oder nicht. Da bislang noch nichts passiert ist, entscheiden sich viele allerdings für den Verkauf der Souveränität. Die Situation ist vergleichbar mit IT-Security-Themen: Eine Cyber-Security-Versicherung braucht man erst, wenn es einen Cyber-Security-Angriff gegeben hat, aber dann ist es zu spät und der Schaden schon da. Genauso ist es mit der Souveränität. Investieren wir hier lieber von Anfang ein bisschen mehr Geld und sichern unsere Prozesse ab, bevor es zu einem Vorfall oder zum Stillstand kommt.

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