Kaum ein anderes Thema hat die Diskussion des vergangenen Jahres so beeinflusst wie Software-Defined-Networking. Der Trend geht langfristig zu flacheren Hierarchien. Aber welche Auswirkungen hat dies auf Carrier-Ethernet? Das MEF hat sich dieser Frage angenommen und sieht Carrier-Ethernet als Enabler für SDN.
Das MEF definiert dabei die Schnittstelle zwischen Endkunde und Netz beziehungsweise zwischen den Netzbetreibern, also ENNI und UNI. Was dazwischen passiert, ist transparent und kann entsprechend auch SDN sein. Erste öffentliche Tests haben dazu auch bereits stattgefunden.
Carsten Rossenhövel vom EANTC: „Die Hersteller sind gerade dabei, die klassischen Carrier-Ethernet-Dienste auf dem Openflow-Protokoll neu zu implementieren. Das ist die Pflicht. Die Kür wird es sein, mit Hilfe von SDN elastische Dienste zu ermöglichen.“ Denn es kann davon ausgegangen werden, dass der Kunde in Zukunft dynamische Bandbreiten etwa für Backups verlangt, um den temporär erhöhten Bandbreitenbedarf danach wieder zurück zu regulieren.
Tatsache ist, dass es SDN-ähnliche Ansätze zur Netzwerksteuerung auf proprietärer Ebene schon seit längerem gibt. Burghard Germer von Alcatel-Lucent: „Technisch gibt es derartige Ansätze schon seit längerem, allerdings herstellerspezifisch. Denkt man das Thema weiter, können SDN-VPNs in Zukunft Sinn machen.“
Johannes Weingart von Brocade sieht drei Hauptthemen bei SDN: Network-Function-Virtualization, also der Ersatz dedizierter Hardware durch Software, Openflow, das zentrale Management von Datenströmen und Orchestration, also das Management der gesamten IT-Infrastruktur über eine integrierte Managementlösung. „Zum Teil sind diese Ansätze im Carrier-Umfeld nicht unbedingt neu.
Ende-zu-Ende-Verbindungsmanagement ist Standard bei SDH (Synchronous-Digital-Hierarchy). Integrierte Network-Managementlösungen (Network-Orchestration), Carrier-Ethernet-Controller, die ein gesamtes heterogenes Netzwerk kontrollieren können, sind hier durchaus eine Vision.“ Ähnlich sieht es auch Wilfried Hanselmann von Ericsson: „Hier können zukünftig komplexe Funktionalitäten und Devices entstehen“. Alle Experten weisen darauf hin, dass der Markt in den kommenden Monaten und Jahren zeigen wird, wohin sich der Bedarf entwickelt. Carrier-Ethernet, so die Erkenntnis, wird nicht von SDN überholt, sondern ergänzt die Möglichkeiten durch SDN. Auch in einer SDN-Umgebung sind standardisierte Schnittstellen und definierte Dienstprofile unverzichtbar. Ebenso werden in SDN-Netzen Fault-, Performance- und Maintenance-Funktionen gebraucht.