Ein Phänomen in diesem Markt, da sind sich alle Roundtable-Teilnehmer einig, sind die rasanten Innovationszyklen. Was sich hier seit Einführung von 802.11 im Jahr 1997 getan hat, ist beträchtlich. Martin Krebs von Lancom Systems: „Die Standardisierung beziehungsweise auch Zertifizierung kommt ja kaum noch hinterher. Wenn man sich alleine ac anschaut, ist der Standard ja auch noch nicht wirklich fertig mit Wave 2. Das heißt, die Welt dreht sich immer schneller. Die Hersteller kommen kaum hinterher, derart schnell die Programme aufzusetzen und die Interoperabilität sicherzustellen. Die Geräte werden förmlich ‚herausgeschossen’, damit man eine möglichst kurze Time-to-Market hat.“ Der eine Standard, ac, sei noch nicht einmal vollends etabliert, da spreche man heute schon vom nächsten, kritisiert auch Michael Himmels von Devolo: „Zur CeBIT wurde bereits der erste ad-fähige Router (WiFi HaLow) vorgestellt, während es noch nicht einmal einen kompatiblen Client dafür gab.“ Hier herrsche vor allem im Consumer-Bereich ein künstlicher Hype, der stark von der Presse getrieben werde, meint Hans-Dieter Wahl von Bintec Elmeg.
Doch trotz aller Kritik: „Hätten wir diese von außen aufgelegte Innovationsrate durch den Handymarkt und den Hunger nach Bandbreite nicht, dann wären wir auch nicht da, wo wir heute stehen“, sagt Himmels. „Dies ist sicherlich auch ein Treiber für den Markt.“ Hinzu kommt, dass ad beziehungsweise in der erweiterten Form „WiGig“ in einigen Bereichen durchaus schon Sinn macht. So zum Beispiel bei drahtlosen HDMI-Lösungen, gibt Axel Simon, Chief Technologist bei HPE/Aruba, zu bedenken. WiGig überträgt nicht nur Videos bis hin zur 4K-Auflösung über Funk, sondern bietet auch drahtlose Schnittstellen für Übertragungen, die bisher über USB (extern) oder über den PCIe-Bus abgewickelt wurden. Geräte im Nahbereich sollen sich kabellos in kürzester Zeit synchronisieren können, externe und selbst interne Laufwerke werden direkt über Funk angesteuert, das „Andocken“ an die Dockingstation im Unternehmen verläuft drahtlos.
Im industriellen Umfeld hingegen sieht es mit der Lebenszeit von Standards schon ganz anders aus. Während auf der einen Seite im WLAN-Office-Umfeld die Hersteller mit der Produktion interoperabler Geräte kaum hinterherkommen, favorisiert man hier eher die etablierte beziehungsweise „die zweite Generation“. „Produktionszyklen sind hier länger“, sagt Geider. „So haben wir die ‚agb‘-Technologie, den WLAN -Standard IEEE802.11abg, zehn Jahre gehalten. Derzeit ist der etablierte Standard IEEE802.11abg.“ Die Herausforderung liege vielmehr darin, den Standard mit den Treibern und den Chipsätzen so lange wie möglich am Leben zu halten. Das bedeute jedoch nicht, dass man im industriellen Umfeld hinterhinke. Ganz im Gegenteil: „Bei vielen Dingen sind wir in der Industrie sogar ein Stück weiter als das Office-WLAN“, sagt Geider. „Das liegt zum Teil daran, weil wir in der Industrie vorausschauend planen und die Koexistenzregeln gut beachten müssen.“ Die Königsdisziplin sei hier nicht VoIP, sondern Personen mit über WLAN gesteuerten Geräten zu transportieren – Stichwort People Mover. Dies allerdings ginge nur in der Kombination: spezieller Access Point, spezieller Client.
ac-Geräte ja, aber bitte mit Dual-Band
Immer mehr Unternehmen fragen inzwischen nach 802.11ac-Produkten. Ein Großteil der Hersteller hat darauf reagiert und bietet mittlerweile entsprechende Access Points an, die sich für derartige Migrationsszenarien eignen. Zwar ist ac für 5 GHz ausgelegt, doch in der Regel handelt es sich bei den gelaunchten APs um Geräte mit zwei Radiomodulen (Dual-Band), welche gleichzeitig das 2,4-GHz- und 5-GHz-Band unterstützen und zu den bisher verwendeten WLAN-Protokollen abwärtskompatibel sind. Somit können sowohl 11n-Clients im 2,4-GHz-Frequenzband, als auch die steigende Anzahl moderner 11ac-fähiger Endgeräte im 5-GHz-Band mit schnellem WLAN versorgt werden. „2,4 GHz wird sich voraussichtlich noch eine Weile halten. Alleine schon aus Reichweiten- und Kostengründen“, sagt Hans-Dieter Wahl von Bintec Elmeg. „Nicht zu vergessen die Legacy – nicht jedes Gerät kann schon 5 GHz“, ergänzt Simon. Das zeige sich vor allem am Beispiel der, zugegeben etwas unbeliebten, Geräteklasse der Barcodescanner. Die meisten dieser Geräte laufen nämlich immer noch auf 2,4 GHz.