Deutsche Telekom im Interview

"Die Zahl tatsächlicher Ausfälle ist verschwindend gering"

26. Oktober 2016, 13:01 Uhr | Autor: Stefan Adelmann

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

All-IP-Umstellung und Chancen

funkschau: Warum hat sich die Telekom gerade jetzt für die Abschaltung des ISDN-Netzes und die Umstellung auf IP entschieden?

Müller: Die Digitalisierung treibt diesen Wandel voran. Ob  einkaufen oder arbeiten, kommunizieren, spielen oder fernsehen: Wir erledigen immer mehr übers Internet. Das bedeutet: Das Netz muss immer mehr Informationen transportieren. Das Internet der Dinge etwa verbreitet sich mit rasender Geschwindigkeit. Schon In fünf Jahren sollen aktuellen Schätzungen zufolge fast 30 Milliarden Endgeräte mit dem Internet verbunden sein – das sind rund doppelt so viele wie heute. Analoge Anschlüsse und ISDN sind diesen Herausforderungen einer digitalen Gesellschaft immer weniger gewachsen. Wer das ignoriert, läuft Gefahr, im Wortsinn den Anschluss zu verlieren. Den Wechsel auf IP hinauszuzögern hat also keinen Vorteil.

Hinzu kommt: Für die ISDN-Vermittlungstechnik werden bald gar keine Ersatzteile mehr hergestellt. Die Technik stammt aus den 70er-Jahren. Die Entwickler, die damit gearbeitet haben, gehen gerade in den Ruhestand. Somit verabschiedet sich auch das Fachwissen. Der Nachwuchs ist auf digitale Technik getrimmt.

funkschau: Aber viele Kunden stehen dieser Technik sehr kritisch gegenüber. Noch im vergangenen Jahr klagten laut einer Umfrage der Verbraucherzentrale 67 Prozent der befragten Privatnutzer über Ausfälle im Zuge der Umstellung. Ist das IP-Netz unzuverlässig?

Müller: Das Ergebnis der Umfrage kann nicht überraschen, schließlich erreichte der Aufruf primär unzufriedene Kunden. Zudem ist die Umfrage mit gerade einmal 1.885 Nutzern nicht repräsentativ, was auch der Bundesverband der Verbraucherzentrale selbst einräumt. Interne Statistiken belegen sogar, dass die Zahl tatsächlicher technischer Ausfälle verschwindend gering ist. Die Unzufriedenheit auf Kundenseite ist daher nicht annähernd so groß, wie in dieser Umfrage dargestellt wird. Ganz im Gegenteil: Wir haben bereits mehr als elf Millionen Kunden auf das Internetprotokoll umgestellt. Jede Woche kommen 70.000 Anschlüsse dazu. Grundsätzlich sind unsere Kunden mit ihrem IP-basierten Anschluss zufrieden. Um dies sicherzustellen und uns stetig zu verbessern, haben wir ein enges Monitoring aufgesetzt und Maßnahmen entwickelt, mit denen wir situativ reagieren können.   

funkschau: Dennoch kann nicht die Funktionsfähigkeit aller vorhandenen Geräte garantiert werden. Wie steht es denn um die Zukunft des Fax?

Müller: Neben digitalen Möglichkeiten, Faxe per Mail empfangen und versenden zu können, lassen sich vorhandene Faxgeräte auch am IP-basierten Anschluss weiter nutzen. Das T.38-Protokoll wird mittlerweile von den meisten VoIP-Gateways und ATAs (Analog-Telefon-Adapter) zuverlässig unterstützt. Letztlich muss das Faxgerät am analogen Port des Routers angeschlossen und die Übertragungsgeschwindigkeit auf 14.400 Bit/s eingestellt werden. Treten beim Betrieb Probleme auf, ist es sinnvoll, bei dem Gerät eine niedrige Übertragungsrate von 9.600 Bit pro Sekunde einzustellen. Für eine optimale Übertragung sollten Betriebe die ECM-Funktion (Error Correction Mode) im Faxgerät verwenden. Diese stellt sicher, dass die übertragenen Seiten eines Faxes auch lesbar beim Empfänger ankommen.

Dennoch ist das Fax auf Papier ein aussterbendes Medium. Unified Communications-Lösungen beispielsweise bringen die gesamte Kommunikation eines Unternehmens zusammen. Sie stellen sicher, dass Mitarbeiter auf Sprachtelefonie, E-Mail und auch Faxe aus der Cloud zugreifen können – unabhängig vom eigentlichen Endgerät.

funkschau: Lassen sich auch Sonderdienste wie Alarmanlagen erfolgreich migrieren?

Müller:Werden Alarmanlagen, Brandmelder oder EC-Terminals an Anschlüssen der Telekom betrieben, müssen sie auf ihre IP-Fähigkeit hin überprüft werden. Am besten setzen sich die Unternehmen dafür mit dem jeweiligen Anbieter in Verbindung, um eine für alle Seiten bestmögliche Lösung zu finden. Zudem kooperieren wir mit Herstellern und geben ihnen die Möglichkeit, in unserem Testcenter ihre Geräte und Produkte auf IP-Fähigkeit zu überprüfen. Das Feedback ist durchweg positiv.

funkschau: Herr Müller, wo sehen Sie abschließend die größten Chancen, die mit der Umstellung auf IP einhergehen?

Müller: Dank  der Umstellung auf IP sprechen Geräte, Anwendungen und Services künftig die gleiche Sprache. So wird aus wartungsintensiven Insellösungen ein durchgängiges, integriertes Netz. Telefonanlagen zum Beispiel lassen sich leichter verwalten und Smartphones als Nebenstelle in die Systeme einbinden, zukünftig auch aus der Cloud heraus. Zweites Beispiel: Software. Neue Anwendungen, seien sie für alle Mitarbeiter oder nur für bestimmte Fachbereiche, können Firmen schneller in ihr Gesamtsystem integrieren. Denn mit der Vereinheitlichung auf ein Protokoll können die Systeme ohne Probleme miteinander kommunizieren.

Deshalb wird es auch einfacher für Unternehmen, neue Standorte und Arbeitsplätze einzurichten – für die Kollegen im Büro, Mitarbeiter im Homeoffice und mobil arbeitende Vertriebskollegen. Alle Arbeitsplätze sind auf IP-Basis miteinander verbunden und die Kollegen greifen auf dieselben, zentral gespeicherten Informationen zu.

Buchen Firmen einen IP-basierten Anschluss zum Beispiel bei der Telekom, kann ihnen der Dienstleister häufig sogar mehr Bandbreite bereitstellen. Das gilt besonders beim Upload.

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