Das softwaredefinierte Auto

Der Markt für Software Defined Vehicles wächst stetig

25. September 2023, 13:00 Uhr | Autor: Shailendra Shrivastava / Redaktion: Diana Künstler
© cheskyw/123rf

Der Markt für SDV-Entwicklungen hat bereits ein Volumen von 35,6 Milliarden US-Dollar erreicht. Tendenz steigend. Damit das softwaredefinierte Auto jedoch Realität werden kann, bedarf es auf verschiedenen Ebenen noch weiterer Anstrengungen: von der Elektronik-Hardware bis zu den Applikationen.

Der Artikel liefert unter anderem Antworten auf folgende Fragen:

  • Warum spielen E/E-Architekturen (elektrisch-elektronische) eine wichtige Rolle?
  • Wie lässt sich ein personalisiertes Reise- und Fahrerlebnis mittels Big-Data-Technologie realisieren?
  • Wie wird sich das Marktvolumen softwaredefinierter Fahrzeuge voraussichtlich entwickeln?
  • Wie können Entwicklungspartner zu einer erfolgreichen Konzeptrealisierung beitragen?
  • Was sind die vorrangigen Herausforderungen, mit denen sich Hersteller im Zuge einer umfassenden Realisierung des SDV-Konzepts konfrontiert sehen?

Software ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Nahezu in allen Bereichen des täglichen Lebens kommen Programme und die ihnen zugehörigen Daten zum Einsatz – Tendenz steigend. Auch der Mobilitätssektor ist im Zuge zunehmender Digitalisierung immer stärker von Software abhängig. Denn insbesondere im automobilen Bereich hat die Verbreitung integrierter Sensoren, Kameras und Lidar-Einheiten exponentiell zugenommen, was in der Konsequenz die Anforderungen an Bordnetze und beträchtlich gesteigert hat. Schließlich reicht es vielen nicht mehr, einfach nur von A nach B zu gelangen, sondern es sollte auch ein beeindruckendes multimediales Fahr- und Unterhaltungserlebnis geboten werden. Da das Auto noch immer das beliebteste und meistgenutzte Fortbewegungsmittel der Deutschen ist, konzentriert sich die Diskussion über eine automobile Zukunft deshalb zunehmend auf die wachsende Verbreitung softwaredefinierter Fahrzeuge (SDV). Denn das Auto der Zukunft benötigt, so das Urteil von Experten, eine komplett neue und hochverlässliche elektrisch-elektronische Architektur (E/E-Architektur). Andernfalls können die gestiegenen, technologisch anspruchsvollen Anforderungen an automobile Mobilität überhaupt nicht realisiert werden.

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Der strukturelle Aufbau ist entscheidend

Bei der Simplifizierung von Steuergeräten, insbesondere im Hinblick auf kontinuierliche Updates und einer Monetarisierung über den gesamten Lebenszyklus hinweg, spielen E/E-Architekturen eine immer stärker werdende Rolle. Die installierte Software bildet inzwischen das Herzstück neuer Automobile, SDVs avancieren immer noch stärker zu mobilen Cloud-Umgebungen, die sowohl Industrieunternehmen als auch privaten Fahrzeugnutzern einige Vorteile bieten. Durch eine reduzierte mechanische Komplexität von Automobilen können zum einen Hersteller Kosten reduzieren und Belastungen für die Umwelt minimieren. Zum anderen bieten sie ein völlig neues Fahrerlebnis und aufgrund ihres intelligenten und hyperkonnektiven Aufbaus neue Optionen erweiterter Nutzungsmodelle.

Beispielsweise ist ein softwaredefiniertes Fahrzeug in der Lage, potenzielle Mitfahrer mit gleichem Reiseziel zu identifizieren, diesen eine Mitfahrgelegenheit anzubieten und – je nach Auslastung und Standort der letztendlich Mitfahrenden – die effizienteste Strecke berechnen. Die im Automobil installierte Software übernimmt nach Beendigung der Fahrt sogar selbstständig den Abrechnungs- und Abbuchungsprozess anteiliger Kosten.

Mithilfe von Technologien, die in der Lage sind, große, komplexe und sich schnell ändernde Datenmengen zu verarbeiten, könnten zukünftig sogar die Musikvorlieben einzelner Passagiere und die Steuergewohnheiten des Fahrers datenbasiert berücksichtigt werden. Kommt es zu Verhaltens- oder Präferenzveränderungen, werden diese automatisch identifiziert, in der Datenbank aktualisiert und entsprechende Anpassungen vorgenommen. So wäre das im Fahrzeug integrierte Infotainmentsystem dadurch in der Lage, nahtlos auf die Bedürfnisse aller Fahrgäste einzugehen und dem Fahrer ein individuell auf ihn angepasstes Steuererlebnis zu bieten.

Marktvolumen softwaredefinierter Fahrzeuge steigt weiter

Der Markt für SDV-Entwicklungen hat, wie Analysen des Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Precendence Research ergaben1, bereits jetzt ein Volumen von 35,6 Milliarden US-Dollar erreicht. Tendenz steigend. Bis zum Jahr 2032 soll – eine stabile jährliche Steigerungsrate von 19,47 Prozent vorausgesetzt – ein Wert von 210,88 Milliarden US-Dollar erreicht werden. Dagegen wird sich, so die Prognose von Fortunebusiness Insights2, das Marktvolumen von Fahrzeugsystemen im Zeitraum 2020-2027 lediglich von 21,64 Milliarden US-Dollar auf 24,76 Milliarden US-Dollar erhöhen. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von gerade einmal 1,9 Prozent.

Faktoren für eine erfolgreiche Konzeptrealisierung

Da die Architektur softwaredefinierter Fahrzeuge weitestgehend IT-basiert ist, reicht die Expertise von Automobilkonzernen und globalen Entwicklungspartnern häufig nicht aus. Um ein solches automobiles Konzept Realität werden zu lassen und ein breites Interesse für diese Art von Fahrzeugen zu schaffen, sind weitere Anstrengungen auf verschiedenen Ebenen nötig – von der Elektronik-Hardware über Middleware bis zu allen relevanten Applikationen. Für eine erfolgreiche Umsetzung aller Entwicklungsschritte müssen zusätzlich innovative „Tier 0.5“-Lieferanten – etwa ITTS – aus dem Elektronik- und IT-Bereich ins Boot geholt werden. Diese verfügen über einen großen Erfahrungsschatz in der Automobilindustrie und verfügen über eine breite Palette innovativer Mobilitätslösungen. Solche Partner, die sowohl nearshore als auch offshore tätig sind, stellen für große OEMs wichtige neutrale Helfer beim zügigen Auf- und Ausbau eines Eigenbestandes intelligenter Entwicklungen (Intellectual Property) dar. Sie unterstützen insbesondere bei der Bewältigung der vier vorrangigen Herausforderungen, mit denen sich Hersteller im Zuge einer umfassenden Realisierung des SDV-Konzepts konfrontiert sehen:

  1. Software Defined Vehicles müssen in der Lage sein, sich mit einer Vielzahl weiter Cloud-Systeme sowie intelligenten Devices unkompliziert und sicher verbinden zu können. Die Fähigkeit, Rechenleistung sowohl on-Board als auch off-Board zu nutzen, vergrößert die Anzahl potenzieller Anwendungsszenarien. Darüber hinaus werden Fahrzeughersteller bei der Entwicklung von SDVs zunehmend Künstliche Intelligenz (KI) nutzen. Diese wird auf Basis valider Analysen dabei helfen, bestmögliche Entscheidungen zu treffen, intelligente Automatisierungskonzepte umzusetzen und damit das eigene unternehmerische Know-how auszubauen. Das Gesamtpaket aus all diesen technologischen Fähigkeiten und strategischen Mitteln wird dabei helfen, Endkunden zukünftig ein attraktives, effizientes und vor allem auch sicheres Fahrerlebnis zu bieten.
  2. Um effiziente Updates, Skalierbarkeit und Interoperabilität zwischen verschiedenen Fahrzeugsystemen und -komponenten zu ermöglichen, sollen bei SDVs in Zukunft modulare Software-Architekturen zum Einsatz kommen. Dieser Ansatz fördert die Flexibilität bei einer schnelleren Integration neuer Merkmale und Funktionalitäten. Für die Umsetzung bedarf es hierbei robuster Hardware-Plattformen, die hohe Rechenleistung, effizientes Energiemanagement und nahtlose Integrationsfähigkeit mit einer Vielzahl von Sensoren und Kommunikationssystemen ermöglichen.
  3. Die Zukunft von SDVs wird auch von der zunehmenden Einführung cloudfähiger Softwareentwicklungsparadigmen und Virtualisierungstechnologien abhängen. Automobilunternehmen und ihre ER&D-Partner werden durch die Flexibilität eines Cloud-Ökosystems in die Lage versetzt, Fahrzeugsoftware-Updates nahtlos zu testen, zu modifizieren und auszurollen.
  4. Das Ziel der Entwickler ist es, softwaredefinierte Fahrzeuge zu entwickeln, die erweiterte Personalisierungsoptionen und damit ungeahnte Nutzererlebnisse bieten. Das Fahrerlebnis wird durch intuitive Schnittstellen, adaptive Einstellungen und maßgeschneiderte Funktionen, die auf die Vorlieben und Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt sind, neu definiert werden. Gleichzeitig wird ein starkes Cybersicherheitskonzept den Schutz von Nutzern und ihrer sensiblen persönlichen Daten sicherstellen.


Die Digitalisierung hat insbesondere auch die Automobilentwicklung radikal verändert und völlig neue Möglichkeiten bei der Konzeption und Gestaltung von Fahrzeugen eröffnet. Die wachsende Rolle von Software in Automobilen – vom Fahren über die Wartung und das Infotainment bis hin zur Navigation – könnte schon bald zu einem neuen Meilenstein in der Geschichte der Mobilität werden. Vieles ist heute möglich, doch sollte der Fokus weiterhin primär auf den wirklich entscheidenden Faktoren – eine nahtlose Technologieintegration, umfassende Fahrersicherheit und größtmögliche Effizienz für den Endnutzer – liegen.

Shailendra Shrivastava, Chief Delivery Officer, L&T Technology Services

1 https://www.globenewswire.com/en/news-release/2023/03/30/2637435/0/en/Software-Defined-Vehicles-Market-is-Expected-to-Grow-19-47-Globally.html
2 https://www.fortunebusinessinsights.com/de/markt-f-r-fahrwerksysteme-104589


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