Der Breitbandausbau in Deutschland stockt. Gerade einmal 0,4 Prozent der Haushalte verfügen über einen Glasfaseranschluss, ländliche Gebiete sind flächendeckend nicht einmal mit 1 MBit/s angeschlossen. Während Litauen 100 Prozent der Haushalte mit Glasfaser anbinden kann und die meisten OECD-Staaten in den Breitbandausbau investieren, wird in Deutschland das Kupferkabel aus der Mottenkiste geholt.
VDSL-Vectoring ist eine Technik, mit der DSL-Anschlüsse beschleunigt werden können. DSL verwendet ungeschirmte, 50 Jahre alte Kupferkabel. Dabei stören sich durch Übersprechen die Signale der einzelnen Kunden. Bei VDSL-Vectoring wird nun vom Netzbetreiber mit einer aufwändigen Simulation errechnet, wie sich die einzelnen Leistungen stören werden. Auf dieser Basis können Störungen dann aus dem Datenstrom herausgerechnet werden. Das verbessert in der Theorie die Durchsatzrate.
Damit das System funktioniert, müssen sämtliche in der Straße liegenden Kabel in die Berechnung mit einbezogen werden. Das bedeutet, dass die gesamte Infrastruktur vom Kundenmodem bis zur Vermittlungsstelle in einer Hand sein muss. Es ist zwar denkbar, dass mehrere Netzbetreiber eigene DSLAMs betreiben und dann untereinander die Vectoring-Informationen austauschen, allerdings fehlt ein Standard hierfür.
Aufgrund der wettbewerbsschwächenden Nebenwirkungen ist Vectoring bis auf Deutschland nur in sehr wenigen Staaten überhaupt in Erwägung gezogen worden. Die Diskussion hat in Deutschland einen einfachen Hintergrund: Die Deutsche Telekom kann mit Vectoring zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Man erlangt wieder Monopolstellung, wo Mitbewerber nur noch Vorprodukte weiterverkaufen können (und dafür an den rosa Riesen zahlen), und vermeidet zugleich notwendige Investitionen im Heimatmarkt.
So faszinierend Vectoring auf technischer Ebene auch ist: Für alle Marktteilnehmer wird die Beschränkung des Wettbewerbs und das Herauszögern eines tatsächlichen Breitbandausbaus negative Konsequenzen haben. Die Unterstützung der Bundesnetzagentur für die Pläne der Telekom sorgt dafür, dass nun auch Wettbewerber ihre Ausbaupläne zurückstellen und erst einmal abwarten.
Die Krücke Vectoring sorgt dafür, dass sich der Patient vor der dringend notwendigen Operation drückt. Dabei ist längst klar: Wird Deutschland nicht an ein zukunftsfähiges Breitbandnetz angeschlossen, verliert unsere Wissensgesellschaft im internationalen Wettbewerb den Anschluss.