Studie zur Digitalisierung der Medizin

Jede siebte Praxis nutzt schon KI

5. Juni 2025, 14:03 Uhr | Michaela Wurm
© SOMKID THONGDEE – shutterstock.com

Künstliche Intelligenz (KI) hat das deutsche Gesundheitswesen erreicht und wird inzwischen in vielen Praxen und Kliniken genutzt. Eine aktuelle Bitkom-Studie belegt, dass jede siebte Praxis bereits KI einsetzt, etwa bei der Diagnose oder in der Praxisverwaltung.

Die Digitalisierung der Medizin schreitet rasant voran und längst ist auch Künstliche Intelligenz ein Thema. Das zeigt eine aktuelle Studie zur Digitalisierung der Medizin des Bitkom gemeinsam mit dem Hartmannbund unter mehr als 600 Medizinern in Deutschland.

In vielen Praxen und Kliniken wird KI schon heute genutzt. So geben unter den Ärzten in Praxen oder medizinischen Versorgungszentren bereits 12 Prozent an, dass bei ihnen KI zur Unterstützung der Diagnosestellung eingesetzt wird. Bei 8 Prozent wird KI in der Praxisverwaltung etwa zur Vereinfachung von Abläufen eingesetzt. Insgesamt geben 15 Prozent an, dass KI in mindestens einem dieser Fälle genutzt wird – das entspricht fast jeder siebten Praxis.

In Krankenhäusern hat sich laut Bitkom der KI-Einsatz seit 2022 sogar verdoppelt. Bei 18 Prozent der Ärzte in Kliniken ist KI im Einsatz, beispielsweise zur Auswertung bildgebender Verfahren. Vor drei Jahren waren es noch 9 Prozent.

78 Prozent aller befragten Ärzte bewerten KI als riesige Chance für die Medizin. Zwei Drittel (67 Prozent) fordern, der KI-Einsatz in der Medizin sollte in Deutschland besonders gefördert werden – und 60 Prozent meinen, eine KI werde in bestimmten Fällen bessere Diagnosen stellen als ein Mensch. 76 Prozent fordern aber auch eine strenge Regulierung von KI für die Medizin.

Robotik, Virtual Reality und Telemedizin

Für die Studie wurde auch abgefragt, welche digitalen Technologien und Lösungen in Krankenhäusern und Kliniken eingesetzt werden. So ist Robotik in Kliniken bereits weit verbreitet. Bei 26 Prozent unterstützen Roboter bei OPs und Eingriffen, bei einem Zehntel ist Virtual Reality (VR) etwa für Trainingszwecke oder OPs im Einsatz (11 Prozent). Mehr als die Hälfte der Krankenhaus-Ärzte nutzt noch kein VR, würde dies in ihrer Klinik aber für sinnvoll halten (54 Prozent).

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Digitale Technologien in der Arzpraxis
Diese Technologien werden in Praxen schon eingesetzt
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Telemedizin wird in den Kliniken ebenfalls genutzt, wenn auch nicht in der Breite. Bei 28 Prozent werden andere Ärzte via Telemedizin zu Fällen in einer Beratungsfunktion konsultiert, bei 3 Prozent werden Fachleute per Video zu Untersuchungen oder OPs dazugeschaltet. Auch für Klinikpatienten gibt es telemedizinische Angebote, etwa eine Überwachung des Gesundheitszustandes via Remote-Monitoring (10 Prozent), durch Video-Sprechstunden (8 Prozent) oder die Analyse von Vitaldaten aus Gesundheits-Apps oder Fitness-Trackern (4 Prozent). In der Verwaltung werden digitale Technologien bei einem Fünftel der Klinik-Ärzte eingesetzt: Dazu zählen eine Tablet-gestützte Patientenaufnahme (21 Prozent), eine Online-Plattform zum Patientenmanagement (21 Prozent) und digitale Aufklärungsbögen (20 Prozent). 

In Praxen verbreiten sich digitale Lösungen ebenfalls. Video-Sprechstunden werden bei 25 Prozent der niedergelassenen und angestellten Ärzte in einer Praxis oder einem MVZ angeboten, bei 21 Prozent werden Fitness-Tracker und -Apps ausgewertet. Mehr als jede dritte Praxis (37 Prozent) bietet eine Online-Terminvereinbarung an, bei 17 Prozent der Praxis-Ärzte sind digitale Aufklärungsbögen und bei 13 Prozent eine Tablet-gestützte Patientenaufnahme im Einsatz. 

Hoher Zuspruch für ePA

Dier zum 1. Januar 2021 offiziell gestarteten elektronischen Patientenakte (ePA) steht die Mehrzahl der Befragten laut Studie aufgeschlossen oder sehr aufgeschlossen (jeweils 34 Prozent) gegenüber. 77 Prozent fühlen sich auf die Einführung jedoch nicht gut vorbereitet und wünschen sich mehr Unterstützung beim Praxiseinsatz.

Einstellung zur elektronischen Patientenakte
Viel Zustimmung, aber auch Skepsis zur neuen ePA
© Bitkom

Als Vorteile der ePA werden etwa die Vermeidung von Doppeluntersuchungen (73 Prozent), die Möglichkeit zur schnelleren Diagnose durch Einblick in die Krankengeschichte (60 Prozent), die Vermeidung von Wechselwirkungen bei der Medikation (59 Prozent) und mehr Transparenz (58 Prozent) gesehen.

Mit Blick auf die Technik sind viele Ärzte aber noch immer unsicher: 86 Prozent glauben nicht, dass die Arbeit mit der ePA technisch reibungslos funktioniert. 66 Prozent fürchten Datenmissbrauch und 62 Prozent einen hohen technischen Aufwand. 61 Prozent fürchten eine Überforderung der Ärzteschaft und des Praxispersonals.

Zahlreiche Hindernisse bremsen die Digitalisierung

Dass die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen nicht noch weiter fortgeschritten ist, hat strukturelle und technische Gründe. Hauptgrund ist nach Ansicht der weit überwiegenden Mehrheit aller befragten Ärzte die Komplexität des Gesundheitssystems (81 Prozent). 57 Prozent machen oftmals langfristige Zertifizierungs- und Genehmigungsverfahren als Hindernis aus und 47 Prozent eine insgesamt zu starke Regulierung des Gesundheitssektors. 65 Prozent kritisieren eine mangelnde Marktreife der vorhandenen digitalen Anwendungen. Die Digitalkompetenz der Patienten sowie der Ärzteschaft wird von jeweils 42 Prozent als bremsend wahrgenommen. 19 Prozent vermuten zudem eine mangelnde Offenheit von Patienten gegenüber digitalen Lösungen in diesem Kontext. 

Ein weiteres großes Hindernis für die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens ist aus Sicht der Mediziner auch eine zu strenge Auslegung des Datenschutzes (59 Prozent). Viele Ärzte sehen in ihm sogar ein zentrales Hemmnis für medizinischen Fortschritt: 72 Prozent sind der Meinung, dass strenge Datenschutzvorgaben häufig Innovationen behindern – ein deutlicher Anstieg gegenüber 2020, als dieser Wert noch bei 60 Prozent lag. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) fordert mittlerweile eine weniger strenge Auslegung der Vorschriften, um die medizinische Versorgung zu verbessern. Umgekehrt halten aber auch 22 Prozent den Datenschutz im Gesundheitswesen für zu lasch.


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