Einer der Gründe, warum bisher nur ein Bruchteil der bereitgestellten Gelder abgerufen wurde, sei die enorm aufwendige Ausschreibungspraxis im Bildungsmarkt wie überhaupt im öffentlichen Sektor. Da sind sich alle Gesprächspartner einig.
»Sowohl Schulen als auch der Schulträger müssen bereits vor der Beantragung der Mittel einiges erledigen: So wird ein Medienkonzept benötigt, wofür den Beteiligten schlicht oft die Zeit fehlt«, erläutert Rieß. »Auch haben die Träger häufig schon allein mit Blick auf die Schulgebäude einen großen Investitionsstau zu überwinden, um diese zum Beispiel strukturiert zu verkabeln. Solche Maßnahmen brauchen Zeit und Vorbereitung.« Dazu käme dann noch die fachlich-inhaltliche Planung: »Wie soll die Schul-IT insgesamt aufbaut sein? Wer betreibt sie? Und wie sieht die Finanzierung nach dem Auslaufen der Fördermittel aus?« All das müsse eine Schule oder ein Schulträger schon am Anfang für sich klären. »Dazu braucht es eben einen ausgefeilten Medienentwicklungsplan sowie darüber hinaus eine IT-Strategie für die gesamte Schullandschaft.« Er rät Schulen deshalb dazu, sich Hilfe von Experten zu holen.
Judith Hoffmann, Head of Commercial Operations and Business Development bei Samsung, weist darauf hin, dass die Tücken bei der Ausschreibung auch langfristige Auswirkungen haben können: »Die darin festgelegten Kriterien können die Beschaffung erschweren und damit die Flexibilität einschränken, wo es nicht sein müsste.« Das zeige ein Blick in die verschiedenen Ausschreibungsdatenbanken im Bildungsbereich. »Von 94 von uns untersuchten Ausschreibungen für Tablets sind 80 auf Geräte eines einzelnen Herstellers ausgelegt. Lediglich 14 Ausschreibungen sind offen und damit produktneutral. Das bedeutet: 85 Prozent der Ausschreibungen entsprechen nicht den Vorgaben des Bundes«. Diese Situation könne zu Problemen bei der Digitalisierung von Schulen führen und die Geschwindigkeit bei der Ausstattung hemmen. »Durch die einseitige Fokussierung auf einen Hersteller besteht die Gefahr, dass ungewollte Abhängigkeiten von einem einzelnen Anbieter, dessen Preisvorgaben und Lieferfähigkeiten entstehen und Schulen in einen so genannten Vendor-Lock-in geraten.» Eingeschränkte Flexibilität bei Folgeausschreibungen, unkontrollierbare Kosten sowie ein erhöhtes Risiko der Einflussnahme auf Lehr- und Lerninhalte könnten die Folge sein.