Der Versandriese Amazon führt in den Augen vieler DAS perfektionierte Online-Business: Kunden zeigen sich dort gläsern und übernehmen die Beratungsgespräche Dank selbstverständlich gelebtem Empfehlungsmarketing quasi selbst. Scheinbar jeder Bestellvorgang läuft reibungslos ab. Kundenanfragen können anhand von FAQ-Listen, Onlineformularen und automatisierten Prozessen wie von selbst gelöst werden. Viele Unternehmen träumen davon, in diese Fußstapfen zu treten, um den Kostenfaktor "Servicecenter" langfristig eliminieren zu können. Doch ist dieser Wunsch für andere Unternehmen tatsächlich erstrebenswert?
In der Dienstleistungsbranche gibt es selten "handfeste" Produkte. Auch existieren dort wenige "Standardvorgänge", da die meisten Kunden individuelle Beratungsgespräche benötigen. Spätestens da platzt die Blase vom „Amazonschen Traum“, denn der Online-only-Kontakt ist hier schlichtweg nicht durchführbar. Ohne persönlichen Kontakt lässt sich manche Frage schlicht und ergreifend nicht beantworten. Je nachdem, wie die Kunden geprägt sind, fordern sie eine kompetente Beratung und Lösung.
Die Relevanz der persönlichen Dialoge hat beispielsweise die Deutsche Bahn erkannt und kündigte vor einiger Zeit die Installation elektronischer Reisezentren für Vororte und den ländlichen Raum an. Kunden sollen sich per Tastendruck mit einem Bahnmitarbeiter verbinden lassen und per Video kompetente Serviceberatung zu ihrem Ticketkauf erhalten. Mittlerweile hat die Bahn das System – laut eigener Aussage erfolgreich – in mehreren Bundesländern eingeführt. Geplant ist, den Kundenservice langfristig zu verbessern, obwohl vor Ort zeitgleich ein Abbau an personalisierten Schaltern erfolgt. Dennoch ermöglicht der Videochat einen persönlichen Kontakt statt auf die unpersönlichen Automaten zurückgreifen zu müssen. Die Richtung in Sachen Kundenkontakt ist somit klar, bleibt abzuwarten, wer dem Trend Folge leisten wird.