Die Maßnahmen zur Eindämmung von Corona haben sich nicht nur für das Geschäft mit Computern und Homeoffice-Zubehör, sondern auch für die RZ-Branche als Wachstumsbeschleuniger ausgewirkt. Die starke Nachfrage nach Homeoffice, Videokonferenzen, Videostreaming und E-Commerce habe laut Studie zu einem deutlichen Wachstum der Cloud-Kapazitäten geführt, während die Investitionen in klassische Rechenzentren auf Vor-Corona-Niveau blieben.
Bei Dell sei beides gut gelaufen, berichtet Peter Dümig, Senior Server Product Manager, im Gespräch mit ICT CHANNEL: Während Dells PC-Clients, die in der ersten Corona-Phase einen Nachfrage-Boom erlebten, als viele Firmen ihre Mitarbeiter ins Homeoffice schickten, sei das Datacenter-Geschäft erstmal konstant weitergelaufen. In der zweiten Phase hätten dann aber auch die Investitionen in die IT-Infrastruktur zugenommen. Das sei erwartbar gewesen, „denn wenn man am Frontend aufrüstet, muss man auch hinten nachziehen“, erklärt Dümig.
Viele Unternehmen hätten aber auch gesehen, dass sie aufrüsten müssen, weil sie auf so was gar nicht vorbereitet waren. Für viele sei das gut, weil sie zu Maßnahmen gezwungen waren, die sie zu lange hinausgezögert hatten, die aber langfristig unausweichlich seien. „Das ist auch noch lange nicht abgeschlossen. Es gibt noch viel Nachholbedarf.“ Dells Infrastrukturgeschäft war deshalb auch im ersten Halbjahr 2022 sehr gut unterwegs. Er glaubt, dass der in dieser Zeit noch einmal verstärkte Cloud-Trend anhalten wird. Aber es gehe auch nicht alles in die Cloud. Firmen würden weiter in ihre eigene Infrastruktur investieren. „Einiges wird sich sicher zu den Hostern verlagern. Wir merken davon aber noch keinen negativen Effekt im Geschäft mit IT-Infrastruktur. Hier ist immer noch Wachstum“.
Aber auch neue Technologien sorgen für Wachstum, so Dümig: „Wenn etwa Server in klassischen Datacentern weniger werden, dafür nimmt Edge Computing Fahrt auf. Edge-Server kompensieren dann vielleicht rückläufige Stückzahlen bei klassischen Servern, die in die Cloud abgewandert sind“, erklärt der Manager. Und Edge sei gerade mal am Anfang. „Da wird in den nächsten Jahren noch viel mehr kommen.“ Auf jeden Fall werde der Markt mit IT-Infrastruktur langfristig weiterwachsen. „Das ist ein stabiles Geschäft.“
Die aktuell wirtschaftliche Unsicherheit wegen der Energiekrise mache sich natürlich bemerkbar. „Die Wirtschaft ist aktuell schon vorsichtig. Die Kunden überlegen, in welche Richtung sie gehen. Die Zurückhaltung am Markt ist spürbar. Aber das wird sich auch wieder ändern.“
Firmen nutzen verstärkt As-a-Service
Auch HPEs Channel-Chef Aron Precht bestätigt im Gespräch mit ICT CHANNEL, dass die Pandemiejahre den Trend hin zu as-a-Service-Modellen verstärkt haben. HPEs Auftragseingang im As-a-Service-Geschäft sei in diesem Geschäftsjahr bis dato weltweit um 86 Prozent gewachsen (siehe Interview). Das Cloud-Modell werde immer mehr zum „Leitstern der IT-Beschaffung“. Immer mehr traditionelle Rechenzentren wandeln sich laut Precht zu Cloud-Rechenzentren. „In dem Zusammenhang gibt es auch einen starken Trend in Richtung Colocation-Betrieb.“ Auch KI-Rechenzentren seien ein noch kleiner, aber sehr schnell wachsender Markt und vor allem „am Edge wird ebenfalls sehr stark investiert“.
Energiekrise macht Firmen vorsichtiger
Die Geschäftsentwicklung für den Rest des Jahres ist für die meisten Anbieter von vielen Unsicherheitsfaktoren geprägt. Neben den immer noch anhaltenden Lieferengpässen sind das die sich verschärfende Inflation und die Energiekrise. HPE habe laut Precht bisher trotz der Lieferengpässe und des Ausstiegs aus dem russischen Markt aber ein solides Umsatzwachstum erzielt und konnte sogar die Gewinnmargen steigern. „Wir erwarten, dass wir das Geschäftsjahr wie prognostiziert mit einem Umsatzplus von drei bis vier Prozent abschließen“, so Precht weiter. Allerdings gebe es bei bestimmten Komponenten auch weiterhin Lieferengpässe. „Wir erwarten, dass die Liefersituation in den nächsten Monaten insgesamt schwierig bleiben wird, auch wenn es erste Frühindikatoren gibt, wonach bald Besserung in Sicht sein könnte“, erklärt Precht.
Bei Fujitsu ist das Geschäft mit IT-Infrastruktur dieses Jahr ebenfalls gut gelaufen. Laut Channel-Chef Santosh Wadwa erwartet der Hersteller weiter stabile Geschäfte. „Wenn alle Komponenten lieferbar sind, steht dem auch nichts entgegen. Da das Thema Digitalisierung und Digitale Transformation essenziell für den weiteren Erfolg von Unternehmen ist, wird auch die IT-Branche – selbst bei rückgängigem Investitionsverhalten – immer zu den Gewinnern gehören“, so Wadwa.