Sind diese Hürden unterschiedlicher Höhen aber erst genommen, kann und wird der Arbeitsplatz der Zukunft in deutschen Unternehmen Einzug halten, mit Smartphones, Notebooks, UCC-Lösungen – und Desktop-Telefonen? Laut den Prognosen einiger Hersteller gestaltet sich der Arbeitsplatz 4.0 ortsunabhängig oder zumindest enorm mobil. Das Desktop-Telefon, seit Jahrzehnten treues Werkzeug des Büroarbeiters, muss sich in dieser Welt auf dem Sprung die Frage gefallen lassen, wie zeitgemäß es noch ist und ob es mit der aktuellen Entwicklung mithalten kann. Immerhin mag es sich als kabelgebundenes Endgerät, ebenso wie der Desktop-PC, nicht gänzlich in das Bild des Mobile Workers fügen. „Interessant ist an dieser Stelle die Frage, ob Sprache in Zukunft noch das zentrale Kommunikationsmedium sein wird“, sagt Nowak. Laut dem Mitel-Director würden andere Kanäle wie Chat, Social Media, E-Mail oder Videokommunikation insbesondere bei der Kommunikation mit dem Endkunden immer wichtiger werden, die Bedeutung des Telefons dementsprechend abnehmen. „Man kann sogar so weit gehen und sagen, dass das Desktop-Telefon an einem modernen Arbeitsplatz technisch nicht mehr notwendig ist.“
Dass diese Notwendigkeit fehlt, dem widersprechen hingegen andere Unternehmen. „Für Mitarbeiter, die stationär im Büro arbeiten, ist der Komfort eines stationären Telefons nicht zu ersetzen und es wird daher auch nicht komplett aussterben“, erklärt Snom-CEO Nadahl Shocair. Darüber hinaus sollen teils emotionale Aspekte für die Beständigkeit der Geräte sprechen. Wie Shocair sagt, geben ein Desktop-Telefon sowie ein eigener Rechner am Arbeitsplatz ein Gefühl von Verlässlichkeit, Stabilität und darüber hinaus das Gefühl, eine Bedeutung im Unternehmen zu haben. Aber auch fernab der emotionalen Bindung ist das Telefon dem Smartphone in einigen Bereichen noch eine Nasenlänge voraus. So spielt unter anderem das Thema Sicherheit eine wichtige Rolle, geht die Einbindung mobiler Endgeräte doch mit wesentlich größeren Herausforderungen an die IT-Abteilung einher. „Ein ganzes Unternehmen nur mit Smartphones auszustatten, kann der internen IT einiges an Kopfzerbrechen in punkto Sicherheit, Verfügbarkeit und internem Benutzersupport bereiten“, sagt Dagmar Geer, Vorstandsvorsitzende bei Innovaphone. Die technische Ausstattung eines Smartphones sorgt letztendlich dafür, dass es eben nicht nur reines Kommunikationswerkzeug ist, sondern gleichzeitig mobiler Computer, Datenspeicher und Tor zur Unternehmens-IT. Das erfordert eine deutlich komplexere Herangehensweise als es bei einem Handy ohne Smart-Aspekt der Fall wäre. „Wir tragen auf dem Smartphone sensible Daten mit uns herum, die es zu schützen gilt“, erklärt Kai Schulte. „Unzureichende Tests und Sicherheitslück-en von Betriebssystemen und mobilen Apps sowie das noch stark unterentwick-elte Risikobewusstsein der Nutzer tragen dazu bei, dass das Smartphone lukratives Angriffsziel für Cyberkriminelle geworden ist.“ Voraussetzung der Integration mobiler Endgeräte wird also nicht nur eine umfassende Security-Strategie, sondern darüber hinaus eine Sensibilisierung der Mitarbeiter für die vorhandenen Gefahren.
Einen Vorsprung haben Desktop-Telefone auch bei der Sprachqualität. Netzschwankungen oder fehlende Abdeckung, gerade in Gebäuden, sorgen bei Mobiltelefonen teils für Defizite. Rauschen oder gar Verbindungsabbrüche können gerade in Geschäftstelefonaten maßgebliche Störfaktoren darstellen – ein von Nutzern immer wieder bemängelter Nachteil von Smartphones. Darüber hinaus kann die Gewichtung der Dienste innerhalb der Mobilfunknetzte im Unternehmensalltag zum Stolperstein werden. „Für Mobilfunkanbieter haben Anrufe innerhalb des Global System for Mobile Communications oberste Priorität“, erklärt Shocair. Das heißt, wenn ein Anruf auf dem Smartphone eingeht, werden alle Apps sofort gestoppt und App-interne Kommunikationen wie beispielsweise der Whatsapp- oder Facebook-Call direkt unterbrochen. Man habe keine Wahl, welchen Anruf man aus dem GSM annehmen möchte oder nicht. „Beim Desktop-Telefon ist diese Entscheidung zu 100 Prozent beim Nutzer“, so der Snom-CEO.
Mobiler Arbeitsplatz in weiter Ferne
Die technische Überlegenheit des Smartphones ist durchaus nicht so augenscheinlich, wie es die aktuelle Diskussion um den Arbeitsplatz der Zukunft Glauben machen mag. Gerade bei Faktoren wie Zuverlässigkeit und Sicherheit haben die stationären Geräte weiterhin einen Vorteil. Daher empfehlen viele Anbieter, die alte und die neue Bürowelt gewinnbringend zu verbinden. „Eine Kombination aus Smartphone und Desktop-Telefon kann einiges an Druck nehmen, weil das Smartphone dann nur ein Add-on ist, dessen reibungsloses Funktionieren in jeder Umgebung nicht 100 Prozent gewährleistet werden muss“, sagt Geer. Jede Geschäftsleitung in Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung sei gut beraten, reine Smartphone-Arbeitsplätze an der Telefonanlage sehr genau unter Vollkosten-Perspektive abzuwägen. Ein hybrider Ansatz kann hier die richtige Mischung darstellen, um sowohl auf die neuen Anforderungen der Mobilität zu reagieren als auch den Problemstellungen bei den Themen Security oder Administrierung mit den nötigen Alternativen begegnen zu können.
Dass sich die Arbeitswelt aber wandeln wird, daran gibt es nur wenige Zweifel. „Wir sind der Überzeugung, dass der Trend in den kommenden Jahren immer stärker in Richtung Mobilität geht. Arbeit ist dann kein Ort mehr, sondern eine Tätigkeit“, sagt Nowak. Natürlich werde es auch immer solche Arbeitsplätze geben, die eine Präsenz erfordern. Außerdem würden viele Arbeitnehmer Wert auf eine räumliche Trennung zwischen Berufs- und Privatleben legen, erklärt der Mitel-Manager gegenüber funkschau. „Das ist bei einem mobilen Arbeitsplatz nicht unbedingt gegeben.“ Von einer durchgängigen Mobilisierung der Arbeitswelt, und daraus folgend, von einem Verschwinden des Desktop-Telefons, gehen allerdings nur die wenigsten Unternehmen aus. „Ein komplett mobiler Arbeitsplatz ausschließlich unter der Nutzung eines Smartphones ist aus heutiger Sicht noch nicht vorstellbar“, stellt Schulte fest.
Gleichzeitig entwickelt sich auch das Desktop-Telefon weiter, ist in der VoIP-Umgebung schon wesentlich mehr als ein bloßes Mittel zur Sprachkommunikation. Es kann mittlerweile ähnlich einem Smartphone zur Schaltzentrale werden, Plattform für Apps sein und auf diesem Weg ein flexibles Werkzeug in einer UCC-Umgebung darstellen. „Das Telefon muss Teil der Gesamt-Kommunikationslösung sein, mit einer vollständigen Integration in das UCC-System“, sagt Nowak. Geer schlüsselt auf: „Das bedeutet, dass die ganzen Zusatzdienste, angefangen von Chat, Ruflisten, Videotelefonie, Application Sharing bis hin zur einfachen Präsenz-Darstellung vom Telefon genauso zur Software kommuniziert werden wie umgekehrt.“ In so einem Fall sei das Desktop-Telefon vielleicht nicht mehr das zentrale Kommunikations-Endgerät, aber eines davon. „Und es wird es vermutlich auch noch eine Weile bleiben“, so die Vorstandsvorsitzende von Innovaphone.
Gehen die Hersteller diesen Schritt mit und entwickeln die Geräte parallel zu den wachsenden Anforderungen im Markt und den komplexeren Lösungen weiter, wird das Desktop-Telefon trotz des mobilen Wandels und rückläufiger Verkaufszahlen als gleichwertige Option für die Unternehmenskommunikation bestehen und damit ein wichtiger Teil des Arbeitsplatzes der Zukunft bleiben. Dass der „Anywhere Workplace“ nichtsdestotrotz schon Realität sein kann, bestätigte Ernesto Schmutter, Chef des ITK-Distributors Ingram Micro. Er berichtete, dass kürzlich ein deutscher Autohersteller all seine Mitarbeiter mit Smartphones ausrüstete – und die Desktop-Telefone im Gegenzug komplett abschaffte.